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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Musik im Gespräch

Konzertreihe mit Roland Heuer

Meisterinnen der Töne
Komponistinnen des 19./20. Jahrhunderts

Freitag, 15. Mai 2009
Theaterkeller im Institut Dr. Flad

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Klangliche Gebirgsmassen und romantisches Alpenglühen
Im Theaterkeller erklangen Werke zweier Komponistinnen aus zwei Jahrhunderten

Gerade in Zeiten der postulierten Gleichstellung stellt sich vermehrt die Frage, welchen Beitrag Frauen zur Musikgeschichte geleistet haben und wie dieser im allgemeinen Gedächtnis verankert ist. Als ausübende Musikerinnen werden Damen heute ganz selbstverständlich gefeiert, Dirigentinnen sind ebenfalls auf dem Vormarsch, nicht erst seitdem eine bedeutende Staatsoper in Deutschlands Norden von einer Australierin als Intendantin und Generalmusikdirektorin geleitet wird. Aber, Komponistinnen?

Gewiss werden auch kundige Musikliebhaber nicht auf Anhieb eine Tonsetzerin unserer Tage nennen können, in Bezug auf das vorvergangene Jahrhundert jedoch kommen einem gleich Clara Schumann-Wieck und Fanny Hensel-Mendelssohn in Erinnerung. Besonders mit letzterer beschäftigt sich die Musikwissenschaft mit zunehmender Hingabe, zumal geschlechterspezifische Forschungsansätze, neudeutsch "Gender-Studies", derzeit in den Geisteswissenschaften en vogue sind.

Mehr als alle Theorie wird jedoch die Aufführung der Werke aus Frauenhänden deren leicht unterschätzten Wertes gerecht, weshalb sich die Asperger Kammersolisten, Roland Heuer, Ikuko Nishida-Heuer (Violine), Axel Breuch (Viola) und Joachim Hess (Violoncello), darum besonders verdient gemacht haben.

Den Auftakt bestritt die 1879 in Oppenheim geborene Johanna Senfter, welche zunächst am Dr. Hoch’schen Konservatorium Violine, Klavier und Komposition studiert hatte um dann Privatschülerin von Max Reger zu werden. Dieser wusste die Begabung seiner Schülerin trefflich zu fördern, hinsichtlich des eher traditionsverhafteten Stils folgte diese ganz ihrem Lehrmeister.

Dies tritt bei den vermutlich in den Vierzigerjahren entstandenen "10 alten Tänzen für 2 Violinen", welche zu zwei fünfsätzigen Suiten arrangiert sind, deutlich zu Tage, diese atmen kaum den Nimbus der am französischen Hofe glanzvoll gepflegten Kunst des Violinduos.

Hier erklang die Suite Nr. 2 op. 91/2, eröffnet von einer graziös-zeremoniellen Allemande, welcher man ihre tiefe Verwurzelung in der strengen kontrapunktischen Satztechnik bewundernd anhörte. Auch die übrigen Sätze sind ganz polyphon gehalten, wobei die Atonalität stellenweise auch Konsonanzen zulässt, die rhythmische Fixierung ähnelt meist nur entfernt dem Vorbild, die insgesamt spröde wirkende Skizzenhaftigkeit wird nur von wenigen, verschämt schmuckreichen Staffagen angereichert. Eine gewisse Originalität und überlegte Anlage ist den Stücken mit Sicherheit anzuhören, jedoch unter dem Vorbehalt einer nebulösen, vagen Wirkung des Nicht-Gegenständlichen.

Wenn in unseren Tagen, was selten genug ist, Fanny Hensel auf dem Konzertprogramm steht, dann hauptsächlich im Rahmen von Liederabenden, umfasst diese Gattung mit rund 200 Werken annähernd die Hälfte des 466 Stücke umfassenden Oevres; den geringsten Anteil hat die Kammermusik mit gerade einmal vier Kompositionen, das Streichquartett in Es-Dur aus dem Jahre 1834 ist auch ihr einziges geblieben. Zeitlebens stand die ältere Schwester hinsichtlich der öffentlichen Anerkennung im Schatten ihres Bruders Felix Mendelssohn, vor allem, weil dieser, in Sorge um das gesellschaftliche Ansehen der Familie, einer Veröffentlichung ihrer Werke stets widerwillig gegenüberstand.

Freilich, das Licht brauchen diese keineswegs zu scheuen, spürt auch der heutige Hörer sofort, dass die Schöpferin den Nerv ihrer Zeit zu treffen wusste und diesbezüglich reichlich stilistische Anleihen bei Ihrem Bruder machte, jedoch hinsichtlich der formellen Anlage und einer damit Hand in Hand gehenden, logischen Themenentwicklung mit diesem nicht hat konkurrieren können. Ihr geht es also um das in Klang gesetzte Gefühl, nicht um die Form als sinngebendes Ausdrucksprinzip.

Der Eingangssatz wirkt wie ein schwülstig-melancholischer Sommernachtstraum, welcher von dem jäh vorwärtsstrebenden, mit einem pseudo-dramatischen Intermezzo versehenen Allegretto in andere Sphären gelenkt wird. Melodramatisch, mit lyrischem Impetus, ist die Romanze angelegt, ihre Ausdruckskraft wird nur noch vom Schlusssatz übertroffen, in dem sich über dem dumpfen Grollen des Cellos und der Bratsche regelrechte Gebirgsmassen auftürmen, die irisierenden Klänge der hohen Streicher steigern die atmosphärischen Spannungen, welche sich in ein lang anhaltendes Alpenglühen ergießen, das schlussendlich überraschend verlischt.

Dann entlädt sich, diesmal seitens des Publikums, ein Gewitter und Sturm von Applaus für die Asperger Kammersolisten und für Fanny Hensel, welche nicht nur als eine Meisterin der Töne, sondern vielmehr als eine Meisterin der Klänge die Zuhörer im Theaterkeller begeistert hat.

Martin R. Handschuh

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15. Mai 2009: "Meisterinnen der Töne - Komponistinnen des 19./20. Jahrhunderts"

Konzertreihe "Musik im Gespräch" im Theaterkeller des Instituts