Eine jüdische Zeitreise
Lied - Geschichte - jüdischer Humor
mit Dany Bober
4. Dezember 2009 im Institut Dr. Flad
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Eine jüdische Zeitreise mit Dany Bober Seit Ende der sechziger Jahre begeistert Dany Bober als Interpret jüdischer Lieder das Publikum. Nun nahm er auch die Schüler des Institutes mit auf eine faszinierende Zeitreise. Dabei konnten sie nicht nur seine musikalischen Kostproben und seinen Humor genießen - quasi nebenbei erhielten sie auch kostenlosen Nachhilfeunterricht in Sachen jüdischer Geschichte. Dany Bober selbst wurde 1948 als Sohn jüdischer Eltern in Israel geboren. Dorthin waren die Eltern vor dem nationalsozialistischen Terror geflohen. Bereits 1956 kehrte die Familie wieder nach Frankfurt am Main zurück. Unterhaltung hat sehr viel mit Haltung zu tun - davon ist Dany Bober fest überzeugt und entsprechend gestaltete er sein Programm, das eine intensive Beziehung zum Judentum widerspiegelt. Dabei kam der Humor nicht zu kurz, ganz im Gegenteil: Selten wurden so viele Witze erzählt wie bei dieser Veranstaltung. Zu Beginn seiner Zeitreise stellte der Gast den Schülern den Psalm 149 vor. Psalmen sind ca. 3 000 Jahre alte Gebete, die auch gesungen werden können. Anschließend ging Dany Bober näher auf die Bundeslade ein. Diese wurde von König David nach Jerusalem überführt, um mit diesem politischen Schachzug die Stadt zum Zentralheiligtum der zwölf Stämme Israels zu machen. Dort wird sie von Davids Sohn Salomon im Allerheiligsten des Tempels aufgestellt. Doch Jerusalem ist dem Untergang geweiht. Die Babylonier setzten die Stadt in Brand und zerstörten Salomons prunkvollen Tempel bis auf die Grundfeste - ein jüdisches Traumata, das der Psalm 137 wiedergibt. Unter Alexander dem Großen ist Palästina zunächst befriedet, doch einer seiner Nachfolger, der Griechen-Herrscher Antiochus IV., geht als gnadenloser Judenverfolger in die Geschichte ein. Er beschlagnahmte die Heiligen Schriften, entweihte den Tempel, indem er Schweine durch das Allerheiligste treiben ließ, verbot den Sabbat und versuchte mit aller Gewalt, den Juden griechische Sitten aufzuzwingen. Aber diese widersetzen sich vehement. Die Makkabäer wagen den Aufstand, erobern den Tempel zurück, reinigen ihn und weihen ihn neu. An dieses denkwürdige Ereignis im Jahr 164 vor unserer Zeitrechnung erinnert bis heute das achttägige Chanukka-Fest. Mit der Interpretation des Liedes "Oj, Chanuke!" lässt uns Dany Bober teilhaben an der Freude. Die Dauer von acht Tagen geht auf eine Legende zurück: Nach der Rückeroberung Jerusalems durch die Makkabäer war ihre erste heilige Pflicht, den siebenarmigen Leuchter, die Menora, zum leuchten zu bringen. Zu diesem Zweck musste man Öl in die Kelche der Menora gießen. Doch die Griechen hatten auf ihrer Flucht auch das Öl mitgehen lassen. Das Wunder von Channuka bestand darin, dass man in einer Rumpelkammer ein kleines Kännchen Öl fand. Man goss es Tropfen für Tropfen in die Kelche der Menoa und siehe - das Feuer hielt acht Tage: Solange, wie man Zeit hat, neues Öl herzustellen. Bevor die musikalische Zeitreise durch die Jahrhunderte fortgesetzt wird, werden die Zuhörer darüber aufgeklärt, welche Bedeutung der siebenarmige Leuchter hat (sechs Tage + Sabbat) und weshalb Eva ausgerechnet aus einer Rippe Adams gebildet wurde: weil so die Herzen nahe beieinander sind! Bisher war der Nahe Osten Schauplatz des Geschehens. Nun nimmt Dany Bober seine Zuhörer mit auf eine Reise nach Europa, nach Spanien und Deutschland. Unter der arabischen Herrschaft der Mauren erleben die Juden Andalusiens im achten, neunten und zehnten Jahrhundert ein goldenes Zeitalter, das geprägt ist von Toleranz. Auch am Rhein werden die Juden unter der Herrschaft Karls des Großen geschätzt und geachtet. Durch die Kreuzzüge ändert sich die Situation dramatisch. Die Juden werden vertrieben, sie suchen und finden Schutz bei Räubern. Originalton Dany Bober: Knast leitet sich ab von Knesset, dies bedeutet "Hohes Haus." Fortan besteht das Verbot, Mitglied einer Zunft zu werden. Vielen Juden bleibt nichts anderes übrig, als sich mit Geldhandel den Lebensunterhalt zu verdienen, weil die Kirche es seinerzeit verboten hatte, für den Geldverleih Zins zu fordern. Am Ende der Zeitreise wird an den Verfolgungsterror der Nationalsozialisten erinnert. Das jiddische Lied "Dos Kälbl" wurde von einem Bewohner des Warschauer Ghettos verfasst, der in Auschwitz ermordet wurde. "Wärst du eine Schwalbe, wärst du frei. Du aber bist ein Kälbchen, das zur Schlachtbank geführt wird." Welch ein gnadenloses Sinnbild für die systematische Vernichtung der Juden. Der Songwriter Donovan hat ihnen mit seiner Interpretation dieses Liedes (Dona, Dona) ein musikalisches Denkmal gesetzt. Neben ernsten Themen gab Dany Bober auch Kostproben seines jüdischen Humors, den er auch im Nachlass seines Vaters in Form von Nazi-Witzen entdeckte: "Schiller war ein Weltbürger. Er schrieb für die Niederländer "Don Carlos", für die Engländer "Maria Stuart", für die Tschechen "Wallenstein", für die Schweiz "Wilhelm Tell", für die Franzosen "Die Jungfrau von Orleans". Doch was schrieb er für die Deutschen? ... "Die Räuber"! Am Schluss seines Programmes gab der Gast den Schülern einen Ausspruch Martin Bubers (jüdischer Religionsphilosoph) mit auf den Weg: "Humor ohne Gläubigkeit führt zu Zynismus; Gläubigkeit ohne Humor führt zu Engstirnigkeit." 90 Minuten Programm vergingen wie im Flug. Reich beschenkt durch Musik, Zuwachs an Geschichtskenntnissen sowie ansteckender Lebenslust bedankten sich die Zuhörer mit lang anhaltendem Beifall. Zu Recht betonte Wolfgang Flad, Schulleiter unserer unesco-projekt-schule: "Judentum und Christentum einen mehr, als dass große Unterschiede sie trennen. Für die Juden kommt der Messias erst noch, für die Christen kommt er wieder! Schalom! Angela Schmitt-Bucher |