Globale Klimaerwärmung- Chancen für einen grünen Lifestyle in den USA?
Wie reagieren die US-Bürger, die US-Wirtschaft und die Politik auf die Herausforderungen des globalen Klimawandels? Zu diesem Thema sprach der Politologe und Umweltaktivist Jeremy Symons, Washington in einer gemeinsame Veranstaltung des US-Konsulats, Frankfurt und der Umweltorganisation EARTH DAY INTERNATIONAL Deutsches Komitee e.V vor den Studenten und Lehrkräften des Instituts Dr. Flad in Stuttgart.
Wolfgang Flad, Schulleiter am Institut Dr. Flad
Jeremy Symons (M.A. / Public Policy, Georgetown University, B.A./Environmental Studies, Brown University) ist seit 2001 Senior Vice President für Conservation und Education der "National Wildlife Federation" (NWF), der größten US- Umweltschutzorganisation, und hauptverantwortlich für deren Strategie zur Bekämpfung der Folgen der Klimaerwärmung.
Diese Umweltorganisation besteht seit 75 Jahren und hat heute über 4 Mio. Mitglieder. Rund 400 Mitarbeiter an Standorten verteilt über die US- Bundesstaaten agieren pro Umwelt. Traditionell ist der Schutz des Wildlife eine der Säulen des Engagements in den weiten Naturregionen der USA. So ist es gelungen die praktisch ausgestorbenen Wölfe wieder in die Wildnis der Naturparke anzusiedeln.
"Eco Kids" - Wissenschaftliche Ergebnisse werden umgesetzt!
Die Umsetzung der wissenschaftlich erwiesenen Erkenntnisse der Klimaerwärmung in effiziente Aktionen in der Umwelterziehung an Schulen durch "Eco Kids" Programme, Initiierung von "Green Schools" ("transforming schoolyards into outdoor schoolyards!"), Lehrmaterial, Veröffentlichungen in Magazinen, in TV und Radio ist das erklärte Ziel. Dabei wird auf die breite Bewusstseinsbildung unter der Bevölkerung zur Umsetzung von Umweltzielen größter Wert gelegt. Nach einer aktuellen Umfrage fordern mehr als 68 Prozent der US Bürger, dass die Politik jetzt aktiv werden sollte, um die Folgen der Klimaerwärmung zu bekämpfen. Zu deutlich sind die Folgen sichtbar. Der NWF demonstriert eindrucksvoll in der Öffentlichkeit, wie die Eisflächen in Grönland seit 1950 um mehr als die Hälfte geschmolzen sind. Die Lebensräume der Eisbären sind nicht nur bedroht, sondern gehen verloren. Sie stehen symbolisch für die vom Aussterben bedrohten Tierarten in den USA und weltweit. Tier- Patenschaften gehören zum Programm des NWF. In Satellitenbildern dokumentiert der NWF, wie in den großen Naturreservaten in Colorado sich durch die langen heißen Sommer und milden Winter die Schädlinge so vermehrt haben, dass riesige Waldflächen zerstört sind.
Lobbyarbeit in Washington - für Bewusstseinswandel!
Diese und viele weitere Beispiele sollen durch die Veröffentlichungen des NWF den Bewusstseinswandel unter der Bevölkerung schaffen und Aktionen in der lokalen Politik und in den Unternehmen der Wirtschaft für eine nachhaltige energieeffiziente Umweltpolitik fördern. Der NWF versucht mit seiner Lobbyarbeit in Washington die Abgeordneten und Senatoren über die Folgen der Klimaerwärmung aufzuklären und wirbt in der US- Politik für den Erfolg einer Umwelt- Gesetzgebung, die zu einer nachhaltigen Reduktion der Emissionen weit über das erklärte Ziel von 17 Prozent bis 2020 gehen muss. Doch eine Mehrheit im Kongress für eine "grüne" Umweltpolitik zu finden, in der vor allem nachhaltig energieeffiziente Maßnahmen durchgesetzt und auch gefördert werden können, ist laut Symons derzeit nicht denkbar. Die Ölkonzerne haben durch ihre intensive Lobbyarbeit und teuren Werbekampagnen in Washington mächtige Fürsprecher. Symons beziffert die Werbung der Öl- und Gas- Lobby auf über 200 Mio. Dollar. Die Abgeordneten und Senatoren ziehen in den Wahlkampf, denn am 2. November finden die Wahlen zum 112. Kongress statt. Dieser tritt dann erst wieder am 3. Januar 2011 zusammen. An einer neuen Gesetzgebung ist auch in der Zwischenzeit kaum zu denken. Zudem sinkt die Zustimmung der amerikanischen Bevölkerung zur Arbeit ihrer Abgeordneten immer weiter nach unten. Mehr als 70 Prozent sind unzufrieden. Die Demokraten haben zwar unter Präsident Obamas Führung Mammutprojekte wie das Konjunkturpaket im Februar 2010, die historische Gesundheitsreform im März 2010 und die neue Finanzmarktregulierung im Juli 2010 verabschiedet. Weder die Wirtschaftskrise ist überwunden, noch konnten ausreichend Jobs geschaffen werden.
Nachhaltig schlagkräftige Umweltprogramme wie der Emissionshandel (Cap and Trade) sind vorläufig vom Tisch. Symons schildert die Beunruhigung unter den US- Bürgern. Doch auch die schwerste Ölpest in der Geschichte der USA durch die Explosion der Bohrplattform "Deepwater Horizon" im April 2010 hat nicht zu einer radikalen Veränderung des Bewusstseins pro Umwelt geführt. Den Grund sieht Symons in der Hilflosigkeit der Obama Administration. Man schien zunächst wie erstarrt und dem technischen Know How der Ingenieure von BP ausgeliefert. Von "Obamas Kathrina" ist die Rede in den Medien, in Erinnerung an das politische Inferno des ehemaligen US-Präsidenten Bush angesichts der Zerstörung der Stadt New Orleans durch den Hurrikan Kathrina.
Schildkröten umgesiedelt
Aber es tut sich was. Die Menschen sind beunruhigt, ihre Lebensqualität ist bedroht. Jene die ihre Lebensgrundlage verloren haben, spüren dies unmittelbar. Symons schildert die Betroffenheit der Einwohner an den Küsten der Bundesstaaten am Golf von Mexiko. Man hofft auf schnelle Hilfe aus dem Entschädigungsfond von 20 Milliarden Dollar von BP. Derweil ist der NWF aktiv. So konnten zum Beispiel bedrohte Schildkrötenarten mit großem Aufwand und in Partnerschaft mit der "Sea Turtle Conservacy" an die Atlantik- Küste Floridas umgesiedelt werden. Es tut sich auch was auf der Ebene der Bundesstaaten und Kommunen. 29 Bundesstaaten und mehr als 100 Städte und Kommunen haben sich ehrgeizige Ziele zur Reduktion von CO2 gesetzt. Sie orientieren sich am Kyoto Protokoll. Das Thema Energieeffizienz, nachhaltige Verkehrsplanung und Investitionen in erneuerbare Energien rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt lokaler Politik und Wirtschaft. Innovative Unternehmen ziehen mit. So sehr eine bundesstaatliche Umweltgesetzgebung notwendig wäre, so wartet man nicht auf Washington. Gegenwind kommt aber auch von jenen Unternehmen, die sich gegen die "Regulierungen" der Obama Administration beschweren. Man befürchtet wirtschaftliche Nachteile. Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg sind die Manager überzeugt, dass sich die Politik des US- Präsidenten gegen die Unternehmen richtet. Seit Monaten ziehen Lobbyverbände der Unternehmen gegen Obama zu Felde. Doch Symons zeigt positive Beispiele auf: Städte wie Portland im Bundesstaat Oregon oder Bundesstaaten wie Kalifornien gehen mit eigenen einfallsreichen und wirkungsvollen Instrumenten- was Energieeffizienz und CO2- sparende Verkehrsplanung betrifft- voran. Symons appelliert in der Diskussion an die Zuhörer: "Werdet aktiv, jeder kann was tun, hier lokal vor Ort! Jedes gute Beispiel trägt Früchte auch bei uns in den USA!"
Thomas Dannenmann
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