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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Prof. Dr. Dietrich Gudat

Institut für Anorganische Chemie, Universität Stuttgart

Energie im Wandel - und was die Chemie dazu beitragen kann

Mittwoch, 23.02.2011, 17:00 Uhr
Experimentalvortrag an der Universität Stuttgart (Vaihingen), Kekulé-Hörsaal (V 55.02)     » Anfahrt

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Bericht zur Vortragsreihe am 23. Februar 2011

größer Der große Hörsaal der Fakultät Chemie war fast bis auf den letzten Platz besetzt, als das Programm anlässlich der Auftaktveranstaltung zum Internationalen Jahr der Chemie an der Universität Stuttgart in Vaihingen einen interessanten Vortrag von Prof. Christian Wandrey und eine Experimentalvorlesung von Prof. Dietrich Gudat versprach. Schüler, Studenten, Lehrer, Professoren, fertige, sowie zukünftige Chemisch-technische Assistenten trafen sich anlässlich der Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und dem Institut Dr. Flad organisiert worden ist um wieder einmal einen Einblick in die derzeitigen Fragestellungen der chemischen Forschung zu erhalten.

Ausgerufen durch die UN-Generalversammlung, wird diese Veranstaltungsreihe durch die UNESCO betreut und so werden auf internationaler Ebene das ganze Jahr über Veranstaltungen rund um das Thema Chemie angeboten. Hierzu sollten sich Interessenten durchaus auch unter www.chemistry2011.org informieren.

größer Frau Prof. Dr. Laschat sprach als Gastgeberin das Grußwort. Sie stellte die Bedeutung der Chemie als Innovationsmotor für die Wirtschaft und damit den Arbeitsmarkt, immerhin arbeiten in Deutschland 420000 Menschen in 2000 Unternehmen, dar. Darüber dürfe aber auch nicht übersehen werden, dass diese Betriebe jährlich 8 Mrd. Euro in die Forschung investieren und damit eine große Bedeutung für die Wissenschaft haben. Trotzdem zeigte sie auch, welches Imageproblem das Fach Chemie nicht nur in der Bevölkerung, sondern leider auch durchaus bei Entscheidungsträgern bis heute hat und gab dann zu bedenken, dass Chemie, Biologie und Physik als Grundlagen unseres Lebens eine Einheit bilden. Sie schloss ihre Einführung mit dem Gedanken "Chemie unser Leben und unsere Zukunft". Aus diesem Grund ist es mit Sicherheit auch wichtig, die Bedeutung der Chemie immer und immer wieder bei der Bevölkerung hervorzuheben.
In diesem Zusammenhang machte sie auch auf die Veranstaltung "Faszination Chemie", die am 2. Juli 2011 auf dem Campus der Universität Stuttgart in Vaihingen stattfinden wird, aufmerksam.

Wolfgang Flad schloss daran eine Vorstellung von Prof. em. Dr. Ch. Wandrey an, der in der Küche seiner Mutter seine ersten chemischen Experimente machen durfte, dann nach seinem Studium, seiner Promotion und Habilitation eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit in Lehre und Forschung ausgeübt hat, die auch über 100 Patentanmeldungen und zahlreiche Auszeichnungen einschloss.

 

Vortrag von Prof. Christian Wandrey

Als dann schließlich Prof. Wandrey das Wort ergriff und seinen Vortrag "Die erfolgreichsten Chemiker? - Mikroorganismen!" entwickelte, war die Freude, mit der er seine Forschungen betreibt, unübersehbar. Die Begeisterung sprühte dem Publikum bei jedem Wort entgegen, sodass selbst bei schwierigen Inhalten das Auditorium fasziniert mitdachte.

Er sprach von der "Firma" Mikroorganismen, die mit Licht und Kohlendioxid bzw. Glukose äußerst genügsam leben und arbeiten. Auch Methan oder Schwefelwasserstoff können Energielieferanten für ihre Arbeit sein. Der Lebensraum der Mikroorganismen scheint nahezu unbegrenzt, selbst in heißen Quellen bei Temperaturen über 110°C und in - 5°C kalten Flüssigkeiten sowie im sauren und alkalischen Milieu und in unpolaren Lösungen lassen sie sich nachweisen.

Der Blick in die Geschichte der industriellen Biotransformation zeigt, dass bereits im Jahr 1822 aus Ethanol mittels Essigsäurebakterien Essigsäure hergestellt wurde, und es 1934 mittels Acetobacter zur Vitamin-C-Synthese kam.

Dabei stellte er auch die besonderen Vorteile der Arbeit mittels Mikroorganismen heraus, mit denen regio- und stereoselektive Eingriffe in Moleküle z.B. bei der Hydroxylierung, schonende (schutzgruppenfreie) Seitenkettenabspaltungen und regiospezifische Oxidation möglich sind. Alles Verfahren, die einem Chemiker der "Feuer- und Schwertchemie" schon Schwierigkeiten bereiten können. Darüber hinaus ist die Ausbeute höher und der erforderliche Energieeinsatz auf ein Minimum reduziert. Die Abfallentsorgung und damit die Gesamtkosten können wesentlich reduziert werden.

Die Biotransformation in Mikroorganismen hilft bei der Bereitstellung von energiereichen Zwischenstufen. Dadurch lassen sich gezielt Produkte wie zum Beispiel Pyruvat für die Kosmetikindustrie oder Aminosäuren als Bestandteil von Pharmapeptiden entwickeln.

Die Darstellung und Klassifizierung der vielfältig möglichen biokatalytischen Reaktionen zeigte dann das weite Feld der Einsatzgebiete für Forschung, Wirtschaft aber auch für die Steigerung des Nährwertes von Kraftfutter durch gezielte Beimischung von biotechnologisch hergestellten Aminosäuren. Dadurch wird weltweit viel weniger Kraftfutter benötigt. Die so frei werdenden Ackerflächen (20 Mio. Hektar) können für eine zusätzliche Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden.

Abschließend zitierte er den Wissenschaftler Hanswerner Dellweg mit seinem angeblichen Stoßgebet "Oh Herr, gewähre mir die Gunst, dass über meine hehre Kunst, neue Synthesen zu kreieren, nicht die Bakterien triumphieren!"
Vor dem Hintergrund des Vortrags wurden diese Worte in ihrer ganzen Tragweite deutlich.

 
Vortrag von Prof. Dietrich Gudat

Prof. Gudat arbeitet am Institut für Anorganische Chemie an der Universität Stuttgart, und so war der Vortrag "Energie im Wandel - und was die Chemie dazu beitragen kann" für ihn ein Heimspiel im eigenen Haus. Der Vorteil der Situation wurde auch gleich durch die hervorragende Zusammenarbeit mit drei Chemikern des Hauses deutlich, die eine beeindruckende Experimentalvorlesung mit zusammengestellt haben, die mit einem fulminanten Feuerwerk abschloss.

Eingeleitet hat Prof. Gudat seinen Vortrag mit einem Experiment, das durch die Entzündung von Ammoniumdichromat einen Vulkanausbruch simulierte. Die Verbindung von Energiefreisetzung und CO2 Anreicherung in der Atmosphäre stellt ein Thema für viele Forscher anlässlich zunehmender Klimaerwärmung dar.

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Der Möglichkeit CO2 zu binden bzw. umzuwandeln waren daher die ersten Versuche gewidmet. Gedacht wurde zunächst an den in der Natur dauernd ablaufenden Prozess der Photosynthese und die Frage ist, wie sich diese nachahmen und abwandeln lässt. Der Verkohlungsprozess als Umwandlung von Glukose in Carbon war schön zu sehen, als aus Glukosetabletten sogenannte Pharao-Schlangen entstanden oder aus Zucker, Schwefelsäure und Wasser es zur Zuckerkohle kam, die aus einem Becherglas geradezu herauswuchs.

Das folgende Thema galt dem Wasserstoff und Sauerstoff.
Drei Luftballons wurden unterschiedlich gefüllt. Der erste mit Sauerstoff, der zweite mit Wasserstoff und der Dritte mit einem Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff. Die Reaktionen beim Entzünden der Ballons mit einer Kerze machten umgehend deutlich, welche Schwierigkeiten die Forschung im Zusammenhang mit der Speicherung von Wasserstoff zu bewältigen hat und warum bis heute der Wasserstoff noch nicht als Treibstoff serienreif Automotoren antreiben kann.

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Ein weiteres Thema waren die verschiedenen Formen und Möglichkeiten der Lichterzeugung. Zunächst wurde weißer Phosphor unter Wasser verbrannt und so zum Leuchten gebracht, dann wurde Quarzglas erhitzt und es wurde deutlich, wie das Glas als Leuchtkörper dienen kann. Metallsalze wurden angezündet und leuchteten in unterschiedlichen Farben. Auch die seltenen Erden mittels eines Gasbrenners zum Leuchten zu bringen, wurde gezeigt.

Das Beispiel Licht aus Strom durch chemische Prozesse führt heute zu Farbstoffsolarzellen, die auch zu Solartapeten weiterentwickelt werden können. Demonstriert wurde dies an einer leuchtenden Gurke.

Die mehr spaßige Frage am Ende der Vorlesung, woher der Chemiker seine Energie nehme, wurde mit der Herstellung von Bier aus der chemischen Molekularküche demonstriert. Selbstverständlich wurde seine Genießbarkeit im Anschluss unter Beweis gestellt.

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