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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Prof. Dr. Matthias Beller

Leibniz-Institut für Katalyse, Universität Rostock

Katalyse - eine Schlüsseltechnologie für nachhaltige Chemie und Energietechnologien

Mittwoch, 06.04.2011, 14:00 Uhr
Vortrag am Institut Dr. Flad, Großer Hörsaal

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Katalyse - eine Schlüsseltechnologie für nachhaltige Chemie und Energiegewinnung

Im Rahmen der 15. Stuttgarter Chemietage war der hochkarätige Katalyseforscher Matthias Beller zu Gast im Institut. Professor Matthias Beller studierte in Göttingen Chemie. Nach dem Studium war er u.a. als Postdoc am Massachusetts Institute of Technologie, USA, arbeitete dann als Projektleiter bei der Hoechst AG, von wo aus er dann an die TU München berufen wurde. Seit 1998 ist er Direktor des Instituts für Organische Katalyse der Universität Rostock (das heutige Leibniz-Institut für Katalyse). Prof. Beller hat neben vielen anderen wissenschaftlichen Auszeichnungen z.B. den Leibniz-Preis der DFG erhalten, den höchst dotierten Förderpreis. Er hat ca. 500 Publikationen veröffentlicht und ist Inhaber von ca. 100 Patenten. Bei der Vorstellung seines engagierten und ideenreichen Gastes stellte Schulleiter Wolfgang Flad das Lieblingsmolekül von Prof. Beller vor: das H2O-Molekül, seine Traumreaktion: dessen katalytische Spaltung zur Energiegewinnung.

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Professor Beller machte als erstes deutlich, dass Chemie eine Wissenschaft ist, von der ein bedeutender Wissenstransfer in andere Gebiete ausgeht, so ist die Chemie mit 15,5 Prozent branchenübergreifenden Neuerungen die führende Wissenschaft, gefolgt von der Elektronik/ Medientechnik und dem Maschinenbau mit 12,1, bzw. 11.3 % Neuerungen, die für andere Sparten wichtig sind. Er betonte, dass es einfach ohne die Erfindung der Flüssigkristalle keine LCDs gäbe und ohne Chemie auch keine neuen Arzneimittel oder Pflanzenschutzmittel entwickelt würden.

Prof. Beller sieht die Chemie in deutlichen Wandel zur Chemie der früheren Zeiten, wir entwickeln uns in der Chemie weg von vorhersehbaren Strukturen hin zu vorhersehbaren Eigenschaften. Diese vorhersehbaren Eigenschaften werden die neue Chemie prägen, wir suchen mittels der Chemie Eigenschaften, keine Strukturen mehr, wie sie z.B. bei der Wärmedämmung oder bei pharmazeutischen Wirkstoffen gesucht werden.

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Katalyse: Darunter versteht man die Wissenschaft von der Beschleunigung chemischer Reaktionen, die Reaktion A? B wird durch einen Energieberg behindert, diesen Energiebetrag setzt die Katalyse herab. Mit Hilfe der Katalyse lassen sich Reaktionen umweltfreundlicher, energiesparender und effektiver gestalten. Der engagierte Institutsleiter verdeutlichte, dass wir aber dankbar sein müssten, dass es diesen Energieberg gäbe, denn ohne diesen wäre z. B. Holz, aber auch wir Menschen, in Form von CO2 und H2 energetisch wesentlich günstiger, also schlussendlich nicht existent! So sei ein wichtiger Unterschied, ob Zucker einfach in einem Glas Wasser gelöst sei, dann sei es ein Jahr später immer noch vorhanden, oder aber, ob neben diesem Zucker-Wassergemisch noch ein Katalysator dabei ist, dann wird es sich zum energetisch günstigeren CO2 und H2O zersetzen. Katalyse ist überall in chemischen Reaktionen zu finden, diese Katalyse zu optimieren, würde ablaufende Prozesse sowohl vom ökologischen als auch ökonomischen Standpunkt verbessern, zusätzlich würden Ressourcen eingespart.

Zum Aufgabenbereich seines Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT) erläuterte Prof. Beller, dass dieses im Bereich der angewandten Forschung tätig sei, im Gegensatz zu den Universitäten und den Max-Planck-Instituten, die dem Gebiet der Grundlagenforschung zuzurechnen seien. Gegründet wurde dieses Institut bereits 1952, heute ist es das größte nicht kommerziell arbeitende Institut auf dem Gebiet der Katalyse. Es beschäftigt rund 250 Mitarbeiter, die jedes Jahr der Industrie ca. 35 neue Katalysatoren zu Verfügung stellen und für rund 220 Publikationen verantwortlich sind. Wichtig in der Arbeit des Instituts ist die enge Zusammenarbeit mit vielen Firmen der pharmazeutischen und chemischen Industrie, die auch ein Teil der nötigen Gelder so finanziert wird. Es gibt im Katalyseinstitut vier unterschiedliche Forschungsbereiche:

  • Katalysatoren für Feinchemikalien (Pd, Cu, Ru, Zn),
  • Katalysatoren für Bulkware (Rh, Ir, Pd),
  • Katalysatoren für Energieübertragung (Ru, Fe),
  • Nachhaltige Katalysatoren für Reduktionen / Oxidationen (Fe, Zn, IR, Ru)

Das Ziel ist es, in jedem der Bereiche für die Industrie anwendbare Prozesse und Katalysatoren zu Verfügung zu stellen. Als "grünes" Beispiel für diese Prozesse wäre die nachhaltige Synthese von 1-Octen zu nennen, was aus 2 Molekülen 1,3 Butadien mit Hilfe von Pd und anderen Katalysatoren hergestellt wird.

In unserer Zukunft sieht Prof. Beller drei wichtige Aufgabenfelder auf uns zukommen:

  • Energietechnik
  • Alter und Gesundheit sowie
  • Umweltschutz.

In allen dieser Gebiete kann die Katalyse positives leisten, sei es durch die Erarbeitung CO2-neutraler Chemikalien für die Industrie, die Entwicklung neuer Medikamente z. B. gegen Alzheimer, Krebs und anderes mehr wie auch die nachhaltigen Herstellung von Bulk- und Feinchemikalien. Auch müssen unsere derzeitigen Ausgangsstoffe, die meist fossilen Ursprungs sind, intensivst auf erneuerbare Materialien umgestellt werden.

Nicht zu vergessen, nötig ist auch die Reduktion des CO2-Ausstoßes, der (2004) zu 20 % von der Industrie verursacht wurde. So lässt sich durch einem katalytischen Prozess dieser Ausstoß senken, indem CO2 katalytisch mit Cu/Zn, Zeolithen und Titankatalysatoren und H2 zu Polymeren umgesetzt wird.

Das Energieproblem ist das derzeitig wichtigste, unser Energieverbrauch zu 85 % aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird, jeder von uns verbraucht täglich um die 2 L Öl! Allein 25 % der umweltrelevanten Gase werden durch Energieerzeugung durch Verbrennung produziert, Hochrechnungen ergeben, dass 2050 bis zu 50 % mehr CO2 in der Umwelt sind. Diese globalen Wirkungen zeigen sich in lokalen Bereichen wie dem Abschmelzen der Gletscher und dem Eis auf Grönland.

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Wasserstoff: Eine neue saubere Alternative zur Energiegewinnung?

Der Wasserstoffkreislauf, bei dem man aus Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff gewinnt, lässt sich bereits durch Sonnenlicht und künstliche Photosynthese mancher Algen bewerkstelligen, andere Katalysatoren wie komplexe Iridium/ Eisensysteme reduzieren H+ zu Wasserstoff (H2). Dieses Katalysatorsystem wird auch als künstliche Hydrogenase bezeichnet, ein System, was uns die Natur vorgegeben hat und wir jetzt eigentlich "nur" nachbauen möchten. Was die Spitzenforschung in den neuen Bundesländern schon herausgefunden hat, sieht der komplexe Mechanismus alles andere als einfach aus, wie so oft, wenn Menschen der Natur nacharbeiten möchten! Am LIKAT wird in diesem Zusammenhang u.a. mit der H2-Speicherung mittels Ameisensäure und er Darstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Stoffen wir Alkoholen geforscht, da die Energiedichte bei solchen Systemen durchaus zukunftsträchtige Werte hat. Auch der Gedanke, CO2 mittels komplexer Eisen-Katalysatoren zur H2-Speicherung einzusetzen, ist bereits in Umsetzung:

Neuere Ruthenium-Katalysatoren sind derzeit schon in Spielzeugautos als Prototypen eingesetzt, so fährt ein Auto immerhin über 8 km weit damit bei einer Geschwindigkeit von 2 km/h!

Weitere Traumreaktionen des ideenreichen Forschungsleiters aus Rostock sind noch die Umsetzungen mit Kohle, Lignin, Cellulose zur Wasserstoffgewinnung, Ziele, die mittels Katalyse sicher nicht so weit entfernt sind!


Prof. Beller beendete seinen Vortrag im vollbesetzten Hörsaal des Instituts mit einem Zitat von Mark Twain:

Man könnte viele Beispiele für unsinnige Ausgaben nennen, aber keines ist treffender als die Errichtung einer Friedhofsmauer: Die, die drinnen sind, können sowieso nicht raus, und die draußen sind, wollen nicht hinein!


Dr. Ingrid Glas

 

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