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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

Lesung mit Michael Mendl: "Enigma"

am Freitag, 21. Oktober 2016, 15 Uhr, im Institut Dr. Flad

 

Der Schauspieler Michael Mendl gilt als einer der gefragtesten Charakterdarsteller seiner Generation. Gemeinsam mit Jürgen Kirchhoff, lange Jahre Schauspieler am Saarländischen Staatstheater, las er aus Éric Emmanuel Schmitts Drama "Enigma".

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Das Drama des belgisch-französischen Schriftstellers Eric Emmanuel Schmitt handelt von der Begegnung zwischen dem Nobelpreisträger Abel Znorko und Erik Larsen, dem der zurückgezogen lebende Literat ein Interview gewährt. Auf der Suche nach den Hintergründen zu dem neuen Bestseller "Liebe" entwickelt der sensible Dramatiker ein spannendes Gespräch mit überraschenden Wendungen.

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Enigma
von Éric-Emmanuel Schmitt

Szenische Lesung mit Michael Mendl und Jürgen Kirchhoff

Eine Kostprobe Schauspielkunst der Extraklasse durften die Gäste des Instituts durch den Besuch von Michael Mendl und Jürgen Kirchhoff erleben.

Michael Mendl, seit vielen Jahrzehnten einer der markantesten Darsteller von Theater- und Filmrollen, lieferte sich als Schriftsteller Abel Znorko ein packendes Rededuell mit Jürgen Kirchoff, der den Journalisten Erik Larsen verkörperte.

Bereits das Bühnenbild zog einen in Bann. Es war auf das Wesentliche reduziert: ein intim beleuchtetes Zimmer, Tisch, zwei bequeme Stühle, Kaminfeuer. Doch die heimelige, Wärme ausstrahlende Atmosphäre täuscht. Die beiden Raubkatzenfelle an der Wand lassen erahnen, dass der Besuch von Larsen bei Znorko kein harmloser Kaffeeplausch sein wird. Symbolgehalt pur: Die Jagd nach der Wahrheit kann beginnen. Am Ende des Zusammentreffens, nach anstrengendem Schlagabtausch der beiden Kontrahenten, der einem antiken Drama gleicht, werden sowohl Znorko als auch die Zuhörer völlig überrascht und verwirrt sein von den Offenbarungen des vermeintlichen Journalisten Larsen. Bis allerdings die Wahrheit ans Licht kommt, legt der Autor des Dramas, Éric-Emmanuel Schmitt, viele Fallstricke.

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Doch zunächst der Reihe nach:
Hoch im Norden Norwegens, auf einer weltabgeschiedenen Insel, lebt der Literaturnobelpreisträger Abel Znorko. Gerade hat er sein 21. Buch mit dem Titel "Die uneingestandene Liebe" veröffentlicht. Dieses Werk hat die Literaturkritik überrascht, handelt es doch von der Zuneigung eines Mannes zu einer Frau; ein Thema, das Znorko bisher literarisch nie aufgegriffen hat. Umso positiver nun die Reaktion der Kritiker, die dieses Buch als Meisterwerk rühmen.
Znorko lässt das kalt. Er hält überhaupt nichts von Literaturkritikern, er verachtet sie geradezu. Umso erstaunlicher also, dass er dem Lokaljournalisten Larsen ein Interview gewährt. Dieser hat eine weite Anreise auf sich genommen.

Der Zuschauer/Zuhörer wird zu Beginn des Aufeinandertreffens musikalisch durch die "Enigma Variationen" eingestimmt. Die Harmonie wird jedoch durch Schüsse jäh gestört. Znorko hat sie abgefeuert, auf seinen Besucher, absichtlich hat er ihn verfehlt. Der Kampf beginnt. Von Anfang an ist scheinbar klar, wer das Sagen hat.

Michael Mendl verleiht Znorko eine fast unheimliche Präsenz. Wenn einer die Szene beherrscht, dann er. Er diktiert den Ablauf des Geschehens, er steuert das Interview, er manipuliert und macht ganz klar deutlich: "Ich hasse Journalisten, und ich unterhalte mich nur mit mir selbst." Als Menschenfeind, der er ist, tritt er herrisch, arrogant, cholerisch auf. Mit wenigen, dafür aber umso prägnanteren Gesten hält der Großschriftsteller sein Gegenüber in Schach, hält Larsen bewusst "klein", zeigt ihm permanent seine Verachtung.
Jürgen Kirchhoff verleiht Erik Larsen eine gewisse Würde. Leise, eher zurückhaltend pariert der Lokaljournalist die Angriffe Znorkos. Fast unmerklich lenkt der scheinbar harmlose, blasse Besucher seinen Gastgeber jedoch in eine bestimmte Richtung, ohne dass dieser es merkt. Larsen treibt die Frage um, weshalb Znorko "Die uneingestandene Liebe" veröffentlicht hat.

Das Buch handelt von einem sublimen Briefwechsel zwischen einem Schriftsteller und einer gewissen Eva Larmar. Fünfzehn Jahre lang haben sie sich geschrieben, ehe der Kontakt urplötzlich abreißt.
Für Znorko scheint der Wunsch nach einem Interview das Übliche zu sein: Neuerscheinung eines Werkes, Buchbesprechung durch Literaturkritiker etc. Doch Larsen hegt andere Absichten als sich oberflächlich über Liebesliteratur zu unterhalten. Tatsächlich gelingt es ihm, durch zähes Nachhaken, Nachfragen, Znorko "Geständnisse" zu entlocken, die dieser nie und nimmer preisgeben wollte. Zunächst behauptet der Schriftsteller, zynisch, wie ihn Mendl darstellt, dass er "Alkohol, Zigaretten, Autos, Mädchen... ausprobiert habe....Die Liebe sei nichts anderes als eine Perversion der Sexualität." Doch Erik Larsen entlarvt ihn, zwingt ihn mit seiner leisen Beharrlichkeit zuzugeben, dass Eva Larmar im richtigen Leben H. M. ist. Der veröffentlichte Briefwechsel beruht nicht auf Fiktion, ist keine Kopfgeburt, sondern hat tatsächlich so zwischen dem Literaturpreisträger und H. M. stattgefunden. Das Buch "Die uneingestandene Liebe" ist somit das Eingeständnis einer überwältigenden Liebe.

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Larsen scheint nur auf den ersten Blick der Unterlegene zu sein. In Wirklichkeit agiert er äußerst geschickt; droht mit Abreise, will unverzüglich verschwinden. Doch Znorko hält ihn, den zunächst Lästigen, zurück. Beide sind Meister des Taktierens: Der eine laut, unbeherrscht, ja rasend - der andere zurückhaltend, auf Chancen lauernd. Was ist Wahrheit, was ist Lüge? "Woran erkenne ich die Wahrheit?", fragt Larsen. Znorko: "An ihrer Rücksichtslosigkeit."
Die Wahrheit über H.M. ist grausam. Fünfzehn lange Jahre waren Abel Znorko und Helene Metternach ein Paar, haben sich tagtäglich geschrieben.
Umso größer der Schock, das Entsetzen bei Znorko, als er erfährt, dass Larsen vor vielen Jahren Helene geheiratet hat. Michael Mendls Znorko ist mit den Nerven am Ende. Nichts ist mehr übrig von seiner anfänglichen Überlegenheit. Er bezichtigt Larsen der Lüge; das Böse, das Unbeherrschte ihn ihm bricht voll durch: "Drecksack...Gehirnamputierter". Gleichzeitig gelingt es Mendl, der Figur eine Verletzlichkeit zu verleihen. Es zeigt sich: Hinter der Maske des Zynikers, des Menschenverächters verbirgt sich ein zutiefst verunsichertes, ängstliches, verzweifeltes Wesen, das selbst seine Liebe zu Helene leugnet. Er bittet sogar Larsen, ihr zu sagen, dass sie ihn, Znorko, "ankotzt". Doch Helene ist tot. Sie starb vor vielen Jahren an Lungenkrebs. Larsen war es, der jahrelang die Liebesbriefe an den unwissenden Znorko geschrieben hat. Für den Journalisten lebte durch diesen Briefwechsel die geliebte Frau weiter. Die Veröffentlichung des Schriftwechsels kam für ihn einer Hinrichtung gleich. Znorko hat damit Helene geopfert. Das kann Larsen ihm nicht verzeihen. Nur aus einem Grund, nämlich zu erfahren, was den Schriftsteller bewogen hat, dies zu tun, hat ihm Larsen einen Besuch in seiner Weltabgeschiedenheit abgestattet. In Wirklichkeit ist er gar kein Journalist, sondern Musiklehrer. Auch Larsen verdreht die Wahrheit, instrumentalisiert sie für seine Zwecke. Darin gleicht er seinem Widersacher.

Durch Helene hat Znorko die "Enigma Variationen" kennengelernt. Enigma kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "Rätsel". Am Ende dieser beeindruckenden szenischen Lesung erklingt die Musik ein zweites Mal.

Alle, die dieses rätselhafte Kammerspiel gesehen und gehört haben, werden es dank großartiger Schauspielkunst so schnell nicht vergessen.

Angela Schmitt-Bucher

 

Michael Mendl Michael Mendl ist Schauspieler, einer von Deutschlands profiliertesten männlichen Charakterdarstellern und seit Jahrzehnten in Kino, Fernsehen und Theater erfolgreich. Hörbuchproduktionen und Charityprojekte ergänzen sein umfangreiches Werk.