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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

Exkursion zum Heizkraftwerk Münster

Am 21.03.2003 machten sich 20 Fladianer auf, das Heizkraftwerk Münster zu besichtigen. An der Pforte angekommen, machten wir uns schon auf das Schlimmste gefasst, als uns ein penetranter Geruch in die Nasen stieg. Schon einige Meter weiter, war dieser Duft wieder verflogen und eine Dame vom Kraftwerk führte uns in den Besuchersaal, wo wir mit Gebäck und Getränken verköstigt wurden.

Bevor wir mit einem Rundgang durch das Gelände begannen, erklärte uns unsere sehr kompetente Führerin die grundlegenden Abläufe im Kraftwerk. Seit 1908 wird in Münster Strom hergestellt, damals noch mit drei Kohlekesseln und einer Dampfturbine. Schon 27 Jahre später wurde der Generator mit einer Fernwärmeanlage gekoppelt, um einen weitaus besseren Wirkungsgrad zu erzielen.

Anhand vieler Schaubilder und Daten bekamen wir einen Einblick in die Funktionsweise der Steinkohleverbrennung und der anschließenden Rauchgasreinigung. Der Löwenanteil der entstehenden Schadstoffe sind Schwefel- sowie Stickoxide, entstanden durch die Verbrennung von Schwefel- und Stickstoffverbindungen, in der aus organischen Substanzen gebildeten Steinkohle. Die Stickoxide werden durch Reaktion mit Ammoniak zu molekularem Stickstoff reduziert, die Schwefeloxide werden mit Kalkmilch zu Calciumsulfit bzw. -sulfat gebunden. Faszinierend an der ganzen Prozedur ist, dass so gut wie jede entstehende Energie genutzt wird, ob nun die noch heissen Abgase oder das schon durch die Turbine geleitete Wasser. Die Dame vom Kraftwerk stellte klar, dass alle Vorgänge im Heizkraftwerk Münster von ökonomischen Beweggründen bestimmt werden. Dem ökologischen Gesichtspunkt wird durch sehr extreme Vorlagen seitens des Staates natürlich auch Rechnung getragen.

Nachdem die Grundvorgänge der Steinkohleverbrennung besprochen waren, kam der meiner Meinung nach interessantere Teil, die Müllverbrennungsanlage. Schon Anfang der Sechziger Jahre beschloss die Stadt Stuttgart, einen Teil ihres Mülls zu verbrennen; da bot es sich natürlich an, gleichzeitig das Gelände des Kraftwerks zu nutzen und Energie zu erzeugen. Damals war der Aspekt Umwelt natürlich noch kein Thema, doch vor zehn Jahren wurde ein modernes Rauchgasreinigungssystem installiert, welches die schädlichen Emissionen unter den Wert privater Zentralheizungen reduziert. Der dazu erforderliche Aufwand war enorm - vor allem, da die Platzverhältnisse auf dem Gelände mehr als dürftig sind. Aus diesem Grund mussten sogar Brücken über die anliegende Bundesstraße errichtet werden, um die nötigen "Waschstraßen" bauen zu können. Doch nicht nur die Reinigung der entstehenden Rauchgase ist enorm aufwändig, auch die Umsetzung der entstehenden Energie mittels der heißen Rauchgase erweist sich als großes Problem: da im Müll "jedes Element im Periodensystem" und "einfach alles was man sich denken kann" enthalten ist, entstehen nicht nur für uns schädliche Abgase, sondern jede Menge aggressive Verbindungen, in Teils niedrigen, Teils horrenden Konzentrationen, denen kein bisher entwickeltes Werkmaterial mehr als zehn Monate standhält. Ob nun Chlorwasserstoff, Fluorwasserstoff, Schwefelige Säure oder sonst irgendeine Säure, der Müll gibt alles her. Aus diesem Grund muss nicht selten ein Kessel abgeschaltet werden und angefressene Leitungen per Hand ausgewechselt werden.

Nachdem wir nun theoretisch einigermaßen fit waren, ging der spaßige Teil los. Als erstes wurden wir mit den vorschriftsmäßigen Helmen ausgestattet. Unser erstes Ziel waren die Müllberge, ein erschreckender und gleichzeitig faszinierender Anblick: Eine gigantische Halle mit Müll, vierzig Meter hoch gestapelt, ein Greifarm mit rießigen Ausmaßen, der alles Erdenkliche, von alten Autoreifen bis Krankenhausmüll, auf das Förderband trägt.

Anschließend warfen wir einen Blick auf einen Kessel. Durch kleine Luken kann man in das Innere sehen, man würde nicht denken, dass Abfall so gut brennt. Der Gestank in der Nähe des Kessels, überhaupt des ganzen Kraftwerks hält sich zu unser aller Verwunderung sehr in Grenzen. Wir wurden später aufgeklärt, dass genau unter der Pforte das Hauptabwassersystem Stuttgarts entlang fließt, was wohl den anfänglichen Gestank verursacht hat. Im Kraftwerk selbst herrscht ein ständiger Unterdruck, sobald also jemand eine Türe öffnet wird Luft ins Innere gezogen, Gestank entweicht kaum.

Alles in allem kann man sagen, dass die Exkursion ins Heizkraftwerk Münster sehr interessant war. Wir sahen einmal live, wie in so einer großindustriellen Anlage gearbeitet wird, aber vor allem, welche Mengen an Müll in einer Stadt wie Stuttgart anfallen und wie diese so umweltfreundlich wie möglich entsorgt werden können. Ich denke, dass jeder, der auf diesem Ausflug dabei war, einiges gelernt hat und in Zukunft (hoffentlich) bewusster mit dem Müllproblem umgehen wird.

Andreas Kalchschmid
LG 53