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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.
"Hinterm Checkpoint begannen die Palästinenser zu singen"
Interview mit einem Chemieschüler aus Stuttgart, der in Beit (Jala/Palästina) an einem Seminar teilnahm

Stuttgarter Nachrichten, 30. September 1999, Fragen von Frank Schwaibold   (11/99)

Ausführlicher Bericht zum Umwelt-Seminar in Beit Jala

Seine Reise war alles andere als alltäglich: Vom 13. bis zum 20. August 1999 nahm Hannes Pook, Chemieschüler am Stuttgarter Institut Dr. Flad, am 3. Deutsch-israelisch-palästinensischen Schüler-Lehrer-Seminar in Beit, Jala/Palästina, teil. Die Veranstaltung für 80 Lehrer und Schüler wurde von der UNESCO organisiert.

Wie sind Sie in Palästina empfangen worden?
Wir sind am Freitag, dem 13. August, abends in Tel Aviv angekommen. Dort wurden wir von den palästinensischen UNESCO-Mitarbeitern sehr herzlich begrüßt und zu unserer Unterkunft, der Schule in Talitha Kumi, begleitet. Das liegt in der Westbank im palästinensischen Hoheitsgebiet.

Haben sich die Teilnehmer gut verstanden?
Die Altersunterschiede waren recht groß. Die Jüngsten waren 16, die Ältesten 25. Da das Seminar auf Englisch stattfand, gab es Sprachprobleme.

Um was ging es bei dem Seminar?
Es gab drei Workshops. Bei meinem ging es um die ganze Problematik, die Palästina mit Wasser hat. Das zweite Thema war Theater und kreatives Schreiben, und das dritte war Umwelterziehung und Agenda 21.

Haben Sie auch praktisch gearbeitet?
Die ersten zwei Tage haben wir uns überlegt, was unser Workshop bewirken will. Manche Teilnehmer haben versucht, das als politische Plattform zu benutzen. Zusammen haben wir es dann aber geschafft, uns nur noch mit der Verschmutzung des Trinkwassers zu beschäftigen. Wir haben uns Busse gemietet, sind zu sechs Quellen gefahren und haben da Proben gezogen. Die haben wir an Hand von Schnelltests, die wir aus Deutschland mitgenommen hatten, analysiert. Wir haben acht Parameter bestimmt und konnten in bestimmten Grenzen die Trinkwasserqualität bestimmen. Bakteriologische Untersuchungen waren nicht möglich, da die äußere Umgebung und das Equipment einfach nicht vorhanden waren.

Würden Sie Wasser aus Palästina trinken?
Es ist gut trinkbar und hat erstaunlich hohe Mineraliengehalte. Der Chloridgehalt ist sehr hoch, was aber auf die Bodenbeschaffenheit zurückzuführen ist. Es ist wenig Wasser vorhanden. Die Bauern düngen wahnsinnig viel und haben dadurch eine Verschmutzung des Trinkwassers.

Wasser ist ein lebenswichtiges Gut. Wie gehen die beiden Anrainerstaaten angesichts der Knappheit miteinander um?
Die palästinensischen Haushalte haben im Schnitt zwei Tage pro Woche fließend Wasser und müssen die restlichen Tage zusehen, wie sie es sich einteilen. Der israelische Teil hat fünf bis sechs Tage die Woche fließendes Wasser. Allerdings hält das aus unserer Sicht nicht mehr lange so an. Das Wasser wird immer knapper, aber die Israeli erkennen momentan noch nicht, dass sie dieses Problem auch bekommen werden.

Wie reagierten die Teilnehmer darauf?
Es wurden gegenseitig Vorwürfe gemacht. Die Palästinenser sagen dass die Israeli ihnen das Wasser abgraben. Die Situation ist so verfahren, dass man von außen nicht einwirken kann.

Wie haben Sie die politische Lage erlebt?
Es war für mich sehr ungewohnt. In Jerusalem stehen in der Altstadt alle 50 Meter Soldaten mit Maschinenpistolen. Selbst alle Hauptstraßen im palästinensischen Gebiet sind israelisch regiert. Alle fünf Kilometer kommt man an einen Checkpoint, an dem ist es wie früher an der deutsch-deutschen Grenze. Da stehen Wachtürme und bis an die Zähne bewaffnete Wachleute. Man hat andauernd Passkontrollen. Wir kamen allerdings auf Grund der UNESCO-Beteiligung überall problemlos durch - selbst die Israeli oder Palästinenser, wenn wir einmal in das jeweilige andere Land gefahren sind. Wobei die Anspannung der Teilnehmer zu spüren war. Die Palästinenser haben beispielsweise wie befreit hinter jedem Checkpoint zu singen angefangen.

Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Wie gelassen die Menschen mit der Situation umgehen. Für uns Deutsche wäre das ein Weltuntergang, wenn wir so leben müssten.

Fragen von Frank Schwaibold
Stuttgarter Nachrichten, 30. September 1999