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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

UNESCO-Tag im UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Maulbronn
"Die Alchimistenküche des Doktor Faust"

Prof. Dr. Georg Schwedt mit Schülern des Instituts Dr. Flad

7. Juni 2009

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Mühlacker Tagblatt vom 8. Juni 2009
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größer Alchemie zur Zeit des Doktor Faustus im Kloster Maulbronn

Am Festtag zum UNESCO Welterbetag 2009 am 7. Juni im Kloster Maulbronn wurde auch durch einen Experimentalvortrag mit "Adepten" des Institutes Dr. Flad und einen Vortrag von Prof. Dr. Georg Schwedt die "Alchemie zur Zeit des Doktor Faustus" vorgestellt.

Das 1993 als UNESCO-Weltkulturdenkmal in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommene Kloster Maulbronn wurde 1147 von Zisterziensern gegründet. Grund und Boden waren für den Bau einer Kirche und Klausur vom Bischof Günther von Speyer gestiftet worden. 1178 wurde die Klosterkirche vom Bischof von Trier geweiht. Im 14. Jahrhundert übernahmen zunächst die Grafen von Württemberg, ab 1366 die Pfalzgrafen bei Rhein die Schirmvogtei des Klosters. 1504 eroberte Herzog Ulrich von Württemberg Maulbronn und erhielt die erbliche Vogtei. Er führte 1534 die Reformation ein. Der Konvent wanderte auf der Flucht vor der Reformation in das Elsaß aus und kehrte von 1548 bis 1552 nach der Niederlage der protestantischen Fürsten im Schmalkaldischen Krieg noch einmal nach Maulbronn zurück. 1556 wurde das Kloster unter Herzog Christoph mit Einführung der "Großen Kirchenordnung" in eine evangelische Klosterschule umgewandelt. 1807 wurde ein evangelisch-theologisches Seminar gegründet, das bis heute besteht.

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Von 1512 bis 1518 wirkte Johann Entenfuß (gest. 1525) als Abt des Klosters. Im "Fürstlich Württembergischen Dienerbuch" aus dem 17. Jahrhundert berichtet der Archivar Philip Jacob Zeiter: Johannes Entenfuß de Evisheim (...) ist Dr. Fausten deß Zauberers Collega gewesen, welcher diesen Abbte zu Maulbronn besucht. Derselbe Text ist auch im Maulbronner Äbteverzeichnis des 18. Jahrhunderts zu finden. Über den Alchemisten, Astrologen und Wunderheiler Johann Georg Faust, geboren um 1480 in Knittlingen, gestorben um 1640 in Staufen im Breisgau, sind nur wenige historische Quellen überliefert. Eine davon berichtet über den Aufenthalt von Faust im Kloster Maulbronn im Jahre 1516. Johann Entenfuß war ein baufreudiger wenn nicht gar baubesessener Abt. Er ließ das Fürstengemach, das Herrenbad, den Winterspeisesaal, einen Erker und die Wendeltreppe zwischen Herrenhaus und Oratorium erbauen und vollendete das Schmuckstück des Maulbronner Kreuzganges, die Brunnenkapelle. Dadurch geriet das Kloster in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten - und vielleicht hatte er deshalb Faust zu Hilfe gerufen. Der Faustforscher Günter Mahal berichtet in seinem Buch "Faust. Der Astrologe, Alchemist und Wunderheiler Johann Georg Faust, Zeitgenosse Luthers. Leben, Wirken und Zeit des großen deutschen Magiers. Die Spuren eines geheimnisvollen Lebens" (Bern und München 1980) über mögliche Quellen zu Fausts Leben und Wirken und schreibt im Kapitel "Faust als Alchemist und Magier", dass dieser möglicherweise auch versucht habe, auf chemischem Wege Gold herzustellen. "In der Geschichte von Maulbronn ist davon die Rede, wo er dem Abt Entenfuß wieder aus den roten Zahlen zu helfen versuchte; ein Engagement als Goldmacher hat man auch für seinen Aufenthalt in Staufen vermutet, weil dort kurz vor 1540 das ortsansässige Grafengeschlecht verarmt war und dringend einer finanziellen Spritze bedurfte. Faust, so folgerte man aus seinem mit teuflischem Rot garnierten Todesreport in der Zimmerischen Chronik, könnte beim Experimentieren durch eine Explosion in seiner "Alchemistenküche" ums Leben gekommen sein.- In Maulbronn erinnern noch heute der Faustturm, die Faustküche und das Faustloch an den Aufenthalt des Doktor Faustus.

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Am historischen Ort - im ehemaligen Oratorium, das an die Abt-Entenfuß-Halle angrenzt, fand am UNESCO Welterbetag auch der Vortrag über die "Alchemie zur Zeit des Doktor Faustus" mit Experimenten durch die Schüler Lana Mohamed, Kerstin Wiedmann, Dirk Göllner und Felix Schlecht der unesco-projekt-schule Berufskolleg Dr. Flad und mit einem Vortrag von Prof. Schwedt aus Bonn statt.

Johannes Faust wird in den wenigen über ihn überlieferten Dokumenten als Arzt, Astrologe, Alchemist und Schwarzkünstler bezeichnet. Er besaß umfassende Kenntnisse der Naturphilosophie (in der "magia naturalis") der Renaissance und des Humanismus. So stellten die "Adepten" aus dem Institut Dr. Flad die Transmutation (Umwandlung unedler Metalle in edlere Metalle) am Beispiel der Abscheidung von Kupfer auf einem Eisennagel aus einer Kupfervitriol-Lösung vor. Die Kenntnis dieses Vorganges führte auch zur Anwendung im Bergbau, wo aus den Kupfervitriol-haltigen Grubenwässern mit Hilfe von Eisenschrott metallisches Kupfer gewonnen wurde - so u.a. auch im heutigen UNESCO Weltkulturerbe Bergwerk Rammelsberg in Goslar.

Der Vorgang der Sublimation wurde am Beispiel des Schwefels mit den unterschiedlichen Farben beim Erhitzen gezeigt. Als "göttlich" bezeichnet der griechische Philosoph den Schwefel wegen seiner unterschiedlichen Farben beim Erhitzen. Vom römischen Schriftsteller Plinius haben wir genauer Kenntnisse über die damals bekannten Eigenschaften des Schwefels. Und auch die "Brennlichkeit" des Schwefels wurde demonstriert, dessen Produkt Schwefeldioxid schon von den Römern zur Desinfektion von Weinfässern und zum Bleichen von Textilien verwendet wurde.

Die alchemistische Bedeutung des Quecksilbers wurde am Beispiel des Zerfalls von Quecksilberoxid (bzw. auch Quecksilbersulfids) und der Amalgamierung auf einer Kupfermünze vorgeführt. Die arabische Arzt und Alchemist Avicenna (980-1037) beschrieb Quecksilber als Grundbestandteil aller schmelzbaren Substanzen. Auch die Amalgamierung kann alchemistisch als eine spezielle Transmutation verstanden werden.

Schon zur Zeit des Faustus entdeckte der Alchemist Thurneysser (1530-1596) die Eigenschaft von Veilchensaft als Indikator zur Unterscheidung von Säuren und Basen. Am Beispiel eines Rotkohlextraktes wurde auch diese frühe Kenntnis mit Hilfe von Essigsäure (Rotfärbung) und Soda (Grünfärbung) vorgestellt.

Höhepunkte des "faustischen" Experimentalvortrages im Oratorium des Klosters Maulbronn waren die Demonstration der Wirkung von Schwarzpulver und das Goldmachen. Schwarzpulver als Gemisch aus Schwefel, Salpeter und Kohle wurde in China im 9. Jahrhundert als brennbare, nichtexplosive Vorform entdeckt und im 11. Jahrhundert für Feuerwerke verwendet. Der Mönch und Alchemist Roger Bacon beschrieb 1267 das Rezept. Der Büchsenmacher Berthold Schwarz (eigentlich Konstantin Anklitzen) in Freiburg gilt als Erfinder der gekörnte Form für die von ihm entwickelte Steinbüchse. In einer Abschrift eines Feuerwerksbuches von 1432 sind historische Hinweise auf den historischen Schwarz und dessen Tätigkeit verzeichnet.

Das Goldmachen wurde an Kupfermünzen mit zunächst der Bildung einer Zinkschicht aus alkalischer Lösung ("Silber") und dann der Umwandlung ("Transmutation") in der Flamme in Goldmessing ("Gold") vorgeführt. Nicht nur Fälscher sondern auch ernsthafte Metallurgen nutzten dieses Verfahren zur Herstellung von Goldmessing u.a. für sakrale Gefäße ärmerer Kirchengemeinden ein. Die Flad-Adepten betätigten sich als "Goldmacher" auch auf dem Stand zwischen der Speisenmeisterei und der Klosterkirche vor zahlreichem Publikum, das mit dem dort live hergestelltem "Gold" beschenkt wurde.

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Literaturhinweise

G. Schwedt: Chemische Experimente in Schlössern, Klöster und Museen. Aus Hexenküche und Zauberlabor, Wiley-VCH, Weinheim 2002 (Neuauflage mit Kapitel zum Kloster Maulbronn erscheint Ende 2009) - C. Priesner, K. Figula: Alchimie. Lexikon einer hermetischen Wissenschaft, Beck, München 1998 - G. Mahal: Faust. Der Astrologe, Alchemist und Wunderheiler Johann Georg Faust, Zeitgenosse Luthers. Leben, Wirken und Zeit des großen deutschen Magiers, Scherz Verlag, Bern und München 1980.