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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Hydrothermale Carbonisierung von Biomasse: CO2-Senke oder effektive Rohstoffquelle?

Prof. Dr. Markus Antonietti, Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam

Freitag, 2. Oktober 2009, 14.00 Uhr
Vortrag an der Universität Hohenheim, Biozentrum B1

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Hydrothermale Carbonisierung von Biomasse: CO2-Senke oder effektive Rohstoffquelle?

Bild: Norbert Michalke

Hydrothermale Carbonisierung von Biomasse: Kohlenstoffdioxidsenke oder effektive Rohstoffquelle

Wie man aus Laub, Stroh, Gras oder ähnlichem, über Nacht Kohle herstellen kann berichtete Professor Dr. Antonietti, Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung und ordentlicher Professor an der Universität Potsdam, bei seinem Vortrag zu den 14. Stuttgarter Chemietagen.

In seinem Vortrag betonte er dass die Menschheit vor globalen Megaproblemen stehe, wie z.B. die CO2-/Klimaproblematik oder der Hunger nach Energie. Die Chemie, also die Lehre vom Aufbau, Verhalten und Umwandlung von Stoffen, ist als einzige in der Lage diese Probleme zu lösen. Eine Möglichkeit hierzu ist die Hydrothermale Carbonisierung von Biomasse.

Die Welt-Biomasseproduktion beträgt im Jahr 120 km³, davon sind alleine 11% "Abfallprodukte" aus der Landwirtschaft. Dieses riesige Potential an Biomasse muss genutzt werden, um daraus ein Produkt herzustellen, das als Rohstoff genutzt werden kann. Genau darauf basiert die Hydrothermale Carbonisierung, eine Technik die aus Zucker und Biomasse Kohle herstellt und bereits im Jahre 1913 von Friedrich Bergius beschrieben wurde.

Das "Kochrezept" für Kohle ist verblüffend einfach: Ein Druckgefäß wird mit beliebigen pflanzlichen Produkten gefüllt, hinzukommen noch Wasser und ein Katalysator, der die Aufspaltung der Zuckermoleküle in Kohlenstoff und Wasser um ein Vielfaches beschleunigt.

Dann wird das Gefäß geschlossen und das Ganze unter Druck und Luftabschluss für zwölf Stunden auf 180 Grad Celsius erhitzt. Nachdem die Mischung abgekühlt ist, wird das Gefäß geöffnet: Er enthält eine wässrige schwarze Brühe mit feinst verteilten kugelförmigen Kohlepartikeln (Kolloiden). Sämtlicher Kohlenstoff, der in dem Pflanzenmaterial gebunden war, liegt nun in Form dieser Partikel vor - als kleine, poröse Braunkohle-Kügelchen.

Aufgrund der Einfachheit des Verfahrens diskutierte Prof. Dr. Antonietti auch die Vision, die Vorstufen der Kohleproduktion als "Schwarzboden" zur Bodenverbesserung einzusetzen. Kohlendioxid, welches durch Pflanzen effektiv aus der Luft entzogen wird, würde so als Mutterboden langfristig gebunden werden und nebenbei noch die Qualität karger Böden verbessern. Ein weiterer Ansatz dieser Technik ist ein Konzept einer Kohlenstoff-Brennstoffzelle zur Stromerzeugung.

Aufgrund dieses Vortrages wurde jedem klar, dass nur durch die Chemie die CO2-Problematik in den Griff zu bekommen ist! Chemie ist Zukunft!

Anja Joseph, LG 59

Am letzten Tag der 4-tägigen Veranstaltung waren die 14. Stuttgarter Chemietage in der Universität Hohenheim zu Gast. Hier wurden die Fladianer herzlich durch Herrn Prof. Dr. Peter Menzel begrüßt. Dabei sollte aber auch an dieser Stelle erwähnt werden, dass Herr Prof. Menzel zusammen mit Herrn Flad die ganzen Veranstaltungen geplant hat. Ohne dieses erfolgreiche und gut aufeinander eingespielte Team hätten wir nicht dieses reichhaltige Programm erleben können.

Zunächst machte Herr Professor Dr. Markus Antonietti vom Max Planck Institut in Potsdam mit seinem Vortrag zum Thema Hydrothermale Carbonisierung von Biomasse: CO2-Senke oder effektive Rohstoffquelle Mut für die Zukunft.

Auch er ging, wie verschiedene seiner Vorredner, von den Problemen der Zeit aus, wie beispielsweise Hunger der Weltbevölkerung nach Energie, Rohstoffwandel und CO2-Klimaproblem. Doch hat er auch daran erinnert, dass jede Zeit ihre Rohstoffe hat, vom Holz, das die Menschen in früherer Zeit verbrannt haben, über die Kohle zum Erdöl und Erdgas.

Die Möglichkeit der zukünftigen Energiegewinnung könne vor allem die Chemie lösen, da es ein Problem der Stoffumwandlung sei. Und so zeigte er, wie Kohlenstoff aus der großen Menge an vorhandener Biomasse in einem chemischen Inkohlungsprozess isoliert werden kann. Dabei erinnerte er an Bergius, der dieses technische Verfahren der hydrothermischen Carbonisierung bereits 1913 beschrieben hat. Ihm wurde damals aber keine Aufmerksamkeit geschenkt, da andere Energieträger in ausreichender Menge zur Verfügung standen.

Bei ca. 200°C wird bei diesem Prozess Biomasse in einer wässrigen Lösung unter Luftabschluss mit Hilfe eines Katalysators innerhalb von 12 Stunden in Monomere, Polymere, Schwarzböden und Kohlenstoffprodukte umgewandelt. Diese Kohlenstoffprodukte liegen dann in Form von Nanokügelchen, Fäden oder schwammartigen Verbindungen vor, die industriell in unterschiedlichen Bereichen Verwendung finden können.

Diese Produkte können aber auch über eine Brennstoffzelle Strom erzeugen. Bei diesem überaus energieaufwendigen Prozess konnte mit Hilfe der Eisenoxidation die benötigte Energie auf 1/10 reduziert werden.

Die Speicherung der Energie in einer Batterie und die Ladegeschwindigkeit der Batterie sind aber bis heute ein Problem.

Darüber hinaus muss erwähnt werden, dass die hydrothermale Carbonisierung einen Prozess der Bildung von Kohlenstoff darstellt, bei dem kein CO2 entsteht. Dadurch wird die Umwelt dem ökologischen Gleichgewicht wieder näher gebracht und die Umweltbelastung mit CO2 wird verringert.

Der Kohlenstoff kann aber auch durch seine Bindungsfreudigkeit Ionen, Wasser oder Giftstoffe binden und kann damit beispielsweise einen wichtigen Beitrag in der Trinkwasserreinigung liefern, ebenfalls ein, global gesehen, wichtiges Zukunftsproblem.

Durch die großen Mengen an vorhandener Biomasse kann auch eine große Menge an Kohlenstoff hergestellt werden. Doch kann so viel Kohlenstoff überhaupt verbraucht werden?

Dazu berichtete Prof. Antonietti, dass in früheren Zeiten, in denen das Amazonasgebiet eine, im Verhältnis zu heute, hohe Bevölkerungsdichte hatte, bereits Kohlenstoff unter Luftabschluss in tönernen Gefäßen hergestellt wurde und dann als eine Art Dünger auf die ausgewaschenen Böden aufgetragen wurde. Das Ionen- und Wasserbindungsvermögen der Kohlenstoffe ermöglichte nachhaltige Landwirtschaft auch in den tropischen Gebieten und damit die Ernährung einer hohen Bevölkerungszahl.

Das zeigt, dass die Herstellung von Kohlenstoffen eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten eröffnet und es keinen Grund gibt, pessimistisch in die Zukunft zu blicken, Chemie schafft eben nicht nur Probleme, sie kann auch Probleme lösen.

Christine Weber

 

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