Earth Day 2012 - Wahre die Schätze dieser Erde
Anlässlich des Earth Day 2012 referierten Volker Zepf und Prof. Roderick G. Eggert zum Thema "Seltene Erden". Beide Wissenschaftler beschäftigen sich schon viele Jahre mit diesen 17 Elementen, die erst in den letzten Monaten vermehrt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt haben. Dabei, dies bestätigten beide Referenten gleichermaßen, wurden über die Medien mitunter auch viele wissenschaftlich nicht belegte und nicht korrekte Informationen herausgegeben. Sowohl Eggert als auch Zepf - beide sind ohne Zweifel Koryphäen auf diesem Fachgebiet und erlauben es ihren Zuhörern nun, zu dem kleinen Kreis der wohl am besten über seltene Erden informierten Personen zu gehören!
Seltene Erden - nachhaltige Strategien
Volker Zepf, der in diesen Tagen seine Dissertation zum Thema "Seltene Erden" abschließt, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Thematik des nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgangs mit den Ressourcen durch die Entwicklung von zukunftsfähigen Strategien und Technologien.

Um seine Ansätze nachvollziehen zu können, gab der Referent seinem Auditorium zunächst einen Überblick über die zahlreichen Verwendungszwecke der seltenen Erden. Die Anwendungsmöglichkeiten erstrecken sich in nahezu alle Bereiche, begonnen bei Mobiltelefonen und Computern, über Windkrafträder, Medizintechnik und Wasseraufbereitungsanlagen bis hin zur Automobilindustrie (hier gibt es besonders viele Einsatzgebiete). Je nach Verwendungszweck werden kleinere oder größere Mengen der seltenen Elemente benötigt. Um dies zu erforschen hat Zepf in mühevoller Kleinarbeit mehrere Dutzend Handys und Festplatten auseinander geschraubt und in ihre Einzelteile zerlegt. Beispielhaft präsentierte er diese Einzelteile fein säuberlich aufgeklebt und veranschaulichte damit, wie verschwindend klein der Anteil der seltenen Erden in diesen technischen Produkten ist, und macht deutlich, dass man sich zunächst im Klaren darüber sein muss, in welchen Bereichen es sich lohnt, Technologien zu entwickeln, die ohne seltene Erden auskommen, und in welchen Bereichen sich dies auf Grund der Verwendung von kleinsten Mengen kaum lohnt. Beispielsweise befinden sich in einem Mobiltelefon etwa 0,5g Neodym (Nd), der Jahresverbrauch an Neodym für Mobiltelefone liegt bei etwa 450t. Wenn man diesen ins Verhältnis zum Gesamtjahresverbrauch von rund 22.000t Neodym setzt, wird klar, dass sich durch andere Technologien in Handys nur etwa 2% dieses Metalls einsparen ließen. Auch ein Recycling von solchen Produkten ist in diesen Fällen auf Grund der geringen Mengen momentan kaum möglich.
Ein weiteres Problem der seltenen Erden ist ihr Abbau. Derzeit werden rund 400 Vorkommen von seltenen Erden weltweit vermutet mit einer Reichweite von etwa 850 Jahren. Dennoch werden die Elemente als selten eingestuft. Dies liegt, so Zepf, darin begründet, dass die Gewinnung sehr problematisch ist. Zum einen kommen die seltenen Elemente oft vergesellschaftet mit anderen (häufig radioaktiven) Elementen vor und lassen sich nur schwer von diesen trennen. Ist doch eine Trennung möglich, so bleiben radioaktive Abfälle übrig, deren Entsorgung, sowie auch die Entsorgung der dafür eingesetzten Chemikalien, noch eine große Schwierigkeit darstellt.
Die Strategie, die Zepf für einen verantwortungsvollen Umgang mit den seltenen Erden liefert, ist ein Handeln auf mehreren Ebenen:

Zum einen muss versucht werden, die seltenen Elemente durch andere Stoffe auszutauschen, und zwar in solchen Produkten, in denen sie in hohem Maße verbaut werden. Denkbar wäre beispielsweise auch eine Kombination mit weniger seltenen Elementen (z.B. Neodym in Kombination mit Praseodym), die den Einsatz von seltenen Erden reduzieren können. Dazu ist es erforderlich genauere Zahlen zu generieren um die Relevanz der Produkte prüfen zu können. Einen großen Teil hierzu könnte die Industrie beitragen, die im Moment nur wenige Informationen zum Einsatz von seltenen Erden preisgibt.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die sinnvolle Wiederverwendung und die Vermeidung von Abfällen. Auch Produkte, die seltene Erden enthalten sich mit den heutigen Methoden nicht recyceln lassen, sollten nicht im Müll landen, sondern kontrolliert gelagert werden, in der Hoffnung, dass in Zukunft eine Möglichkeit zum recyceln entwickelt werden kann.
Rare earths and other critical elements: U.S. perspective on availability an public policy
Prof. Roderick Egger referierte in seiner Funktion als weltweit führender Experte für seltene Erden bereits vor dem U.S. Senat und vor dem Europäischem Parlament. In seinem Vortrag am Institut Dr. Flad ging er vor allem auf die technologische, aber auch auf die wirtschaftliche und strategische Bedeutung der seltenen Erden ein.
Die Metalle, die als seltene Erden bezeichnet werden, sind laut Prof. Eggert die kritischsten chemischen Elemente unserer Zeit. Dies bedeute einerseits, dass diese Elemente wirtschaftlich hochinteressant und durch ihre außergewöhnlichen Eigenschaften für Hightech-Produkte unverzichtbar sind. Eggert bezeichnet die seltenen Erden deshalb auch als die Vitamine der Hightech-Materialien.

Andererseits ist aber die Verfügbarkeit dieser Elemente sehr eingeschränkt. Dies ist, so Eggert, nicht nur durch natürliche und geographische Gegebenheiten bedingt. Derzeit werden mehr als 95% der seltenen Erden in China abgebaut, obwohl in anderen Staaten ähnlich große oder sogar größere Vorkommen bekannt sind. Eggert unterstrich diese Tatsache mit aussagekräftigen Zahlen: In China werden derzeit 130.000t an seltenen Erden jährlich abgebaut und es sind noch etwa 55.000.000t an Bodenschätzen vorhanden. Im Vergleich dazu gibt es in Australien keine einzige Mine, in der seltene Erden abgebaut werden, während Ressourcen von 1.600.000t vorhanden sind. Auch in den USA gibt es große Vorkommen an seltenen Erden. Hier wurden zum Teil große Minen sogar stillgelegt. Grund dafür sind die Probleme beim Abbau der Elemente. Durch Vergesellschaftung mit anderen Elementen in rund 15 verschiedenen Gesteinsformen fallen bei der Trennung der Elemente voneinander beträchtliche Mengen schwierig zu entsorgende (zum Teil radioaktiver) Abfälle an. So kommt letztendlich nur jedes hunderste Vorkommen für den Abbau in Frage. Der Verdacht liegt nahe, dass China die Abfallentsorgung etwas gelassener handhabt und so ohne weiteres größere Mengen der seltenen Erden fördern kann.

Um massive Umweltbelastungen zu vermeiden, fordert auch Eggert das wohlüberlegte austauschen der seltenen Erden durch andere Elemente. Hierzu nennt er zwei verschiedene Ansätze. Zum einen das Austauschen der seltenen Elemente in technischen Produkten nacheinander, solange, bis das Produkt völlig ohne diese Elemente funktionsfähig ist. Oder, als zweiten Ansatz, die Entwicklung einer völlig neuartigen Technologie, gegen die das ganze System ausgetauscht werden kann. Das entscheidende ist bei beiden Strategien, dass die Regierungen diese verantwortungsvolle Entwicklung unterstützen. Dies sollte vor allem durch bessere Information und durch Schulung geschehen. Aber auch die Entdeckung neuer Vorkommen von seltenen Erden sowie die Entwicklung neuer Recycling-Strategien sollten gefördert werden.
Anne-Marie Honold
|