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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Musik im Gespräch

Konzertreihe mit Roland Heuer

"Beethovens Streichquartette"
Abbild eines musikalischen Lebens

Freitag, 23. Oktober 2015
Theaterkeller im Institut Dr. Flad

Asperger Kammersolisten
Roland Heuer, Violine
Ikuko Nishida-Heuer, Violine
Axel Breuch, Viola
Joachim Hess, Violoncello

Beethovens Streichquartette - Abbild eines musikalischen Lebens

Letzter Wink mit der Pranke des Löwen
Beethovens Große Fuge im Theaterkeller

Zum glanzvollen Abschluss der Serie von Beethoven-Quartett-Abenden hatten sich die Asperger Kammersolisten ein Werk ausgesucht, an welchem sich - wie an kaum einem der Gattung - die Geister scheiden: das Streichquartett Nr. 13 B-Dur op. 130. Bei näherer Betrachtung war nur der Schlusssatz, die "Große Fuge" Stein des Anstoßes, wie in der Rezension in der "Allgemeinen Musikalischen Zeitung" nach der Uraufführung im März 1826 zu lesen war:

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"Der erste, dritte und fünfte Satz sind ernst, düster, mystisch, wohl auch mitunter bizarr schroff und capriciös; der zweyte und vierte voll von Muthwillen, Frohsinn und Schalkhaftigkeit. [...] Mit stürmischem Beifall wurde die Wiederholung beyder Sätze verlangt. Aber den Sinn des fugirten Finale wagt Ref. nicht zu deuten: Für ihn war es unverständlich, wie Chinesisch."

Ob diese und weitere von Unverständnis geprägte Reaktionen den Meister veranlasst haben, wenig später ein neues Finale zu komponieren und die Fuge auf Vorschlag des Verlegers Mathias Artaria als eigenständiges Werk veröffentlichen zu lassen, ist nicht eindeutig belegt. Nichts desto trotz galt die neue Gestalt des Quartetts als Fassung letzter Hand bis weit ins 20. Jahrhundert als verbindlich und unantastbar.

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Dankbar darf man deshalb den Asperger Kammersolisten sein, dass sie zu den Urgründen des Stückes gestiegen sind, um den vermittels der geistreichen Erläuterungen zu Eingeweihten gewordenen Zuhörern eine Aufführung darzubieten, die bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Zuvor war aber ein Stück Weges zu gehen, nämlich auf den Spuren, die Beethoven bis zum Erreichen des Gipfelpunktes in der Gattung Streichquartett hinterlassen hatte. Roland Heuer stellte mit zahlreichen Klangbeispielen besondere Passagen aus Werken aller Schaffensperioden vor, welche sich bei dem Versuch, das opus magnum des Abends zu erfassen, als äußerst hilfreiche Anhaltspunkte erweisen sollten.

Aus dem Streichquartett op. 130 erklang zunächst der fünfte Satz, die Cavatina, welche auch für den Komponisten eine große emotionale Bedeutung besaß und deshalb von hohem Stellenwert war. Die düster-beklemmenden Passagen der Elegie mit ihren ausgeprägten harmonischen Aufwallungen weisen große Ähnlichkeit mit dem Adagietto aus Gustav Mahlers rund 70 Jahre später entstandener 5. Sinfonie auf.

Die Asperger Kammersolisten, Roland Heuer, Ikuko Nishida-Heuer (Violine), Axel Breuch (Viola) und Joachim Hess (Violoncello) fanden infolgedessen eine bezaubernde Färbung des Tones, welche bisweilen spätromantische Nuancierungen aufwies und die Eigenartigkeit der kompositorischen Faktur bedeutend verstärkte.

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Sodann die Große Fuge: martialisches Unisono bildet die Fanfare, die Bedeutsames ankündigt, das sich in den 741 Takten ereignen wird. Wer in Anbetracht des Titels von einer Fuge althergebrachten, strengen Stils, etwa eines Johann Sebastian Bach ausgeht, wird zunächst enttäuscht sein, dass nicht allein strenge Kontrapunktik das Regiment führt.

Freilich, das Motiv aus vier Halbtonschritten kann als Anspielung auf den Thomaskantor verstanden werden, doch die Phantasie, der Freiheitsdrang, das Ungestüme und die formensprengenden Kräfte Beethovens finden sich hier gebündelt, fordern den sich hingebungsvoll ins Schlachtengetümmel stürzenden Musikern einiges ab.

Sie meisterten die große Herausforderung, die so unterschiedlichen Werkteile miteinander zu verknüpfen, deren Charakteristika engagiert zu huldigen, etwa den in abgekühlter Sanftmut fließenden Cantilenen oder fast schon frei jeder Beschwernis vorgetragenen Allegros Bedeutung zu geben. Für wahre Begeisterung sorgte jedoch die in rasende Geschwindigkeit gesetzte, vertrackte Kontrapunktik, welche prächtig zur Blüte getrieben wurde.

Der eher konventionelle Schluss erscheint wie in kräftig-goldene Oktobersonne getauchtes Herbstlaub, mannigfaltige Farbschattierungen, welche die Kräfte des Frühlings und des Sommers augenscheinlich machen - sinnbildlich für die Große Fuge, welche als letzter Wink mit der Pranke des Löwen zu gelten hat.

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Des besonderen Beifalls und Dankes seitens des erstaunten Publikums waren sich die Asperger Kammersolisten gewiss. So mancher dürfte sicherlich in Igor Strawinskys Urteil über das Werk eingestimmt haben:

"Die 'Große Fuge' erscheint mir heute als das vollkommenste Wunderwerk der Musik. Es ist zudem das zeitgenössischste aller Stücke, die ich kenne, und es wird für immer zeitgenössisch bleiben."

Martin R. Handschuh

 

Konzert am 23. Oktober 2015

Konzertreihe "Musik im Gespräch" im Theaterkeller des Instituts