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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Neue Lithium-Ionen-Akkumulatoren zum Gelingen der Energiewende

Prof. Dr. Marco Oetken, Dr. Martin Hasselmann, Maximilian Klaus
Pädagogische Hochschule Freiburg

Freitag, 02. Oktober 2015, 14.00 Uhr
Vortrag am Institut Dr. Flad

Neue Energiespeicher: Voraussetzung für die Energiewende

Zum Abschluss der 17. Stuttgarter Chemietage präsentierte sich ein hochkarätiges Trio im Großen Hörsaal des Instituts. Es war der Freiburger Professor für Didaktik der Chemie Dr. Marco Oetken mit seinen Mitarbeitern Dr. Martin Hasselmann und Maximilian Klaus.

Prof. Oetken hat nach einem Lehramtsstudium 1997 promoviert, sich 2001 habilitiert und ist nach einer Zwischenstation an der PH Weingarten inzwischen an der PH in Freiburg tätig. Er ist Herausgeber der Zeitschrift "CHEMKON" und "Praxis der Naturwissenschaften - Chemie in der Schule". Er erhielt für seine Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Chemiedidaktik zahlreiche Auszeichnungen, u.a. bereits 1993 den Manfred-und-Wolfgang-Flad-Preis.

Sein Mitarbeiter Dr. Hasselmann wurde 2015 mit diesem Preis ausgezeichnet. Maximilian Klaus ist Doktorand bei Prof. Oetken.

Schwerpunkt der Forschungsarbeiten von Oetken und seinen Mitarbeitern ist das brandaktuelle Thema, wie eine stationäre und mobile Energieversorgung bei der bekannten Problematik mit den fossilen Brennstoffen gesichert werden kann.

Diese Thematik soll aber nicht nur theoretisch erforscht werden, sondern soll auch im Rahmen des Chemieunterrichts durch völlig neuartige Experimente mit einem low-cost-Equipment von Schülern bearbeitet werden können.

So wurden im Vortrag experimentelle praktische Bausteine vorgestellt, die eines Tages in größerem Maßstab zum Gelingen der Energiewende beitragen können.

Dabei geht es vor allem darum, so Prof. Oetken in seinem Vortrag, die herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkumulatoren zu verbessern und sogar zu ersetzen. Gesucht werden die Energiespeicher der nächsten Generation.

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Gegenwärtig ist der Lithium-Ionen-Akkumulatorentyp der leistungsfähigste, wiederaufladbare Akkumulatorentyp weltweit, weil er eine hohe Energiedichte und eine hohe Zyklenstabilität aufweist. Ohne ihn ist gegenwärtig Elektromobilität im Straßenverkehr nicht denkbar.

Lithium-Ionen-Akkumulatoren basieren auf so genannten Intercalationselektroden.. Unter Intercalation versteht man eine reversible Einlagerung von Ionen, Atomen oder Molekülen in chemische Verbindungen, ohne dass sich deren Molekülstruktur durch die Einlagerung verändert. Herkömmliche kommerzielle Akkumulatoren sind so genannte Schaukelstuhlakkumulatoren wie sie beispielsweise in Laptops oder Handys zum Einsatz kommen, in Freiburg wurde ein neuer Akkumulatorentypus entwickelt, ein so genannter Ziehharmonikaakkumulator, ein "Dual-Carbon-Akkumulator", bei dem auf beiden Seiten normales Graphit zum Einsatz kommt und bei dem es zu einer anderen Art der Ionenbewegung kommt.

Prof. Oetken: Probleme bei den Lithium-Ionen-Akkumulatoren - Ist Titandioxid die Lösung?

In Lithium-Ionen-Akkumulatoren kommen neben Graphit als Anodenmaterial zahlreiche andere zur Intercalation fähige Kathodenmaterialien zum Einsatz. Allerdings ist der Aufbau kompliziert und die technische Herstellung von Lithium-Ionen-Akkumulatoren aufwändig und damit teuer. Zusätzlich problematisch ist, dass Lithium nur in beschränktem Maß gewonnen werden kann. Es wird hauptsächlich in Gegenden gefördert, die politisch nicht sonderlich stabil sind. Außerdem ist es ohnehin eine relative knappe Ressource.

Deshalb widmen sich die Freiburger Forscher verstärkt der Entwicklung anderer Speichermedien. Im Vortrag wurden Superkondensatoren, Legierungsakkumulatoren, elektrochrome Fenster (so genannte Smart Windows) als Möglichkeit, Energie einzusparen, und Natrium-Ionen-Akkumulatoren vorgestellt.

Wenn es beispielsweise gelänge, Lithium durch Natrium zu ersetzen, wäre das Ressourcenproblem gelöst. Allerdings entsteht hier wieder das neue Problem, Natriumionen zu intercalieren, weil ein Material dafür fehlt. Graphit eignet sich hier nicht. Als Ersatz für Graphit haben die Freiburger Titandioxid als intercalationsfähiges Elektrodenmaterial verwendet. Es wäre z.B. auch in elektrochromen Fenstern gut einsetzbar. Ein Ressourcenproblem gibt es bei Titandioxid nicht. Es hat die gewünschte elektrische Leitfähigkeit, seine Oxidationsstufen sind leicht veränderbar und es bietet die räumliche Struktur für Einlagerung und Auslagerung der Ionen.

In einem relativ einfachen Experiment lässt sich das auch im Schulunterricht demonstrieren, wobei Titandioxid auf einem elektrisch leitenden FTO-Glas aufgedampft wird. Dann intercalieren die Natrium-Ionen in Titanoxid, was sich wegen des Farbwechsels gut beobachten lässt.

Wenn es gelänge, einen solchen Natrium-Ionen-Akkumulator weiter zu entwickeln, wäre das ein wesentlicher Beitrag zur Lösung des Energieproblems, weil dieser dann als stationärer Akkumulator im Keller eines Hauses eingebaut werden könnte. Es wäre dann ein natriumionenbasierter umweltfreundlicher Akku. Aber dieses Natura-Projekt wird nicht in der nahen Zukunft verwirklicht werden können.

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Dr. Hasselmann: Auf der Suche nach dem Super-Akku

Dr. Hasselmann führte in seinem Vortrag aus, dass die Anforderungen an Energiespeicher klar definiert sind. Sicherheit, hohe Energiedichte, geringe Kosten, geringe Toxizität, schnelle Be- und Entladbarkeit, hohe Zell- und Zyklenspannung sind die Wunschvorstellungen für die Zukunft. Ein Ansatz wäre die Entwicklung des Superkondensators, eines so genannten Doppelschichtkondensators, der nicht nach dem Faraday’schen Prinzip arbeitet. Er böte den Vorteil der Schnelligkeit und der Zugriffsstabilität und könnte große Energiemengen speichern, weil eine größere Oberfläche zur Verfügung stünde. Ionen würden dabei nicht ausgetauscht, sondern an der Oberfläche adsorbiert. Einsatzmöglichkeiten gäbe es hier z.B. bei der Stabilisierung des Stromnetzes oder bei Seilbahnen, wo Gondeln beim Andocken sehr schnell mit Energie versorgt werden könnten. Im Automobilbereich gäbe es Möglichkeiten der Energierückgewinnung beim Bremsen. Ein Superkondensator böte die Möglichkeit, die Nachteile der herkömmlichen Batterien (langsame Entladung) und Kondensatoren (geringe Energiedichte) zu vermeiden. Das Ziel der Forschungsarbeiten ist es, die Kondensatoren zu optimieren, um über eine Spannungserhöhung zu einer Oberflächenvergrößerung zu kommen.

In einem Experiment zeigte Dr. Hasselmann die Arbeitsweise eines Superkondensators in wässrigen Elektrolyten. Durch einen geeigneten Abkühlvorgang könnte es zu einer Vergrößerung der Oberflächen von Graphitminen kommen kann und so könnte man den Anforderungen an einen Superkondensator näher kommen.

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Maximilian Klaus: Legierungsakkus

Beim Versuch, das Speicherproblem zu lösen, könnten Legierungsakkumulatoren ein vielversprechender Ansatz sein. Diese hätten nicht Graphit als Anode. Metalle bilden bessere Speicherungsmöglichkeiten, z.B. wäre Blei viel effektiver als Graphit.

Legierungsakkumulatoren hätten den Vorteil einer sehr großen Energiedichte. So wäre die Energiedichte bei der Verwendung von Silizium um den Faktor 24 höher als bei der Verwendung von Graphit. Herr Klaus demonstrierte das in einem Experiment, in dem er mit handelsüblichem Lötzinn arbeitete. Dabei wurde eine hohe Spannung erreicht. Bisheriger Nachteil des Legierungsakkumulators ist der Zerfall des metallischen Elektrodenmaterials, weil Stress am Anodenmaterial entsteht.

Im abschließenden Experiment zeigt Herr Klaus auch die hohe Energiedichte bei der Verwendung von Silizium als Anodenmaterial. Vorsichtshalber wurde das Experiment nur im Film gezeigt. Es fand in einer Petrischale statt in einem Reagenzglas statt. So konnte die hohe Energiedichte am Ende der 17. Stuttgarter Chemietage gefahrlos mit einem großen Knall nachgewiesen werden.

Dr. Siegfried Kümmerle

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Impressionen vom Workshop mit Prof. Dr. Marco Oetken Lesen Sie dazu auch:
Impressionen vom Workshop "Die Akkumulatoren von morgen heute schon im Schullabor" mit Prof. Dr. Marco Oetken
 
17. Stuttgarter Chemietage vom 28. September - 2. Oktober 2015
Neue Lithium-Ionen-Akkumulatoren zum Gelingen der Energiewende.

Der Lithium-Ionen-Akkumulator ist der momentan leistungsfähigste, wiederaufladbare Batterietyp weltweit mit einer hohen Energiedichte und Zyklenstabilität. Mit einer molaren Masse von 6,94 g/mol und einem Standardpotential von -3,05 V bietet Lithium ideale Voraussetzungen für den Einsatz in Batterien. Lithium-Ionen-Akkumulatoren gelten hinsichtlich einer klimafreundlichen Technik als zukunftsweisend für eine stationäre und mobile Energieversorgung. Im Vortrag und Workshop werden völlig neuartige Experimente zum Themenfeld Lithium-Ionen-Akkumulatoren in Theorie und Praxis vorgestellt. Über eine einfache Lithium-Ionen-Batterie mit Graphitminen im microscale Maßstab mit einem low cost Equipment bis hin zu einem leistungsfähigen "Lithium-Ionen-Power-Pack" werden verschiedene Typen von Akkumulatoren präsentiert. Weitere Inhalte werden brandaktuelle Experimente zu den Themen Superkondensatoren und elektrochrome Fenster (smart windows) sein.

 
Prof. Dr. Marco Oetken

Prof. Dr. Marco Oetken

W3-Professur für Didaktik der Chemie an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Herausgeber der Zeitschriften CHEMKON und Praxis der Naturwissenschaften - Chemie in der Schule, Manfred und Wolfgang Flad-Preis 1993 und einige andere pädagogische Auszeichnungen.

Dr. Martin Hasselmann

Dr. Martin Hasselmann

Maximilian Klaus

Maximilian Klaus

 

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