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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

"Schwimmmarathon für den Gewässerschutz"

Vortrag von Prof. Dr. Andreas Fath

Hochschule Furtwangen, www.rheines-wasser.eu
Am 20. April 2016 im Institut Dr. Flad

"Schwimmmarathon für den Gewässerschutz"

größer Am 20. April besuchte Prof. Dr. Andreas Fath, Professor für Physikalische Chemie und Analytik an der Hochschule Furtwangen, das Institut Dr. Flad und berichtete über sein Projekt "Rheines Wasser". Im Sommer 2014 hatte er in der Rekordzeit von nur 28 Tagen den Rhein von der Quelle bis zur Mündung durchschwommen und dabei täglich Proben genommen, um die Wasserqualität zu untersuchen. Ein Team aus Studenten, Professoren und Familienmitgliedern unterstützte Fath auf seinem Schwimmmarathon, sowohl beim Schwimmen, bei der Probennahme und -auswertung als auch durch die mediale Begleitung des Projektes. Die Idee zu dieser außergewöhnlichen Aktion wurde zunächst aus dem Frust über nicht ausreichende Forschungsgelder geboren. Durch die Verknüpfung von Extremsport mit wissenschaftlichen Fragestellungen und der Sensibilisierung für die Bedeutung sauberen Wassers für uns Menschen hoffte der "schwimmende Professor" auf genügend öffentliche Aufmerksamkeit, um die notwendigen Mittel zur Anschaffung dringend benötigter Analysegeräte für seine weitere Forschungsarbeit aufzutreiben.

Professor Fath betreibt das Schwimmen bereits seit seinem siebten Lebensjahr als Leistungssport und hat insbesondere im Freiwasserbereich zahlreiche Erfolge errungen. Auch das Thema Gewässerschutz ist ihm seit langer Zeit ein besonderes Anliegen, nicht erst seit seiner 12-jährigen Tätigkeit für die Firma Hansgrohe. Jetzt fehlte nur noch das passende Gewässer und das wurde mit dem Rhein schnell gefunden. Diesen hatte zu dem Zeitpunkt als die Idee zu der Aktion entstand erst ein Mensch komplett durchschwommen.

Manche der Herausforderungen vor und während des Projekts waren eher organisatorischer Natur: So musste zum Beispiel das mit Analysematerial und -geräten beladene "Rheinmobil" des Teams durch den Schweizer Zoll gebracht werden, der das Fahrzeug wohl eher für ein "fahrendes Drogenlabor" hielt. Auch die begleitenden Medienvertreter sorgten für unvorhergesehene Situationen. Schon beim Start an der Rheinquelle musste Professor Fath gleich vier Mal in den Tomasee steigen, bis die passenden Bilder für Presse und Fernsehen im Kasten waren und auch auf den späteren Etappen gab es immer wieder medial bedingte Wartezeiten.

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Natürlich wurden auf den 1231 Kilometern durch den Rhein auch an den Schwimmer selbst andere Anforderungen gestellt als in einer Schwimmhalle. Der Vorderrhein beispielsweise, der "Swiss Grand Canyon", ist eine richtige Wildwasserschlucht. Dort wurde das Schwimmen zu einer Art "Bodyrafting". Weitere Gefahrenpotenziale auf dem Weg nach Holland bargen unter anderem das hohe Frachtschiffaufkommen auf dem Oberrhein, Bojen die einen starken Sog verursachten oder auch der starke Wetterumschwung auf der Höhe von Düsseldorf. Sogar "verschwimmen" kann man sich, wie Fath berichtete, der beim Einschwimmen in den Bodensee den geplanten Abzweig verpasste, da der Fluss zu dem Zeitpunkt sehr viel Wasser führte.

Bei der Analyse des Rheinwassers kamen hochsensible Analysegeräte und zum Teil ganz neuartige Untersuchungsmethoden zum Einsatz. Neben der punktuellen Probennahme trug Fath während des Schwimmens außerdem spezielle Kunststoffmembranen an den Waden, die alle organischen Stoffe aufnahmen mit denen er im Rhein in Berührung kam. Hierbei wurde ein neu entwickelter Chip genutzt, mit dessen Hilfe sich bis zu 150 Mikroorganismen gleichzeitig nachweisen lassen. Inzwischen wurden die täglich genommenen Proben an der Hochschule Furtwangen, unterstützt von verschiedenen Firmen und Forschungseinrichtungen, auf insgesamt rund 600 unterschiedliche Inhaltsstoffe untersucht. Diese konnten bereits ab einer Grenze von einem Nanogramm, also einem Milliardstel Gramm, nachgewiesen werden.

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Die gute Nachricht ist: Es wurden nirgendwo im Rhein kritische Grenzwerte überschritten. Dennoch findet sich dort ein bunter Mix an nicht abbaubaren Substanzen, deren Zahl und Konzentration - wenig überraschend - zunimmt, je weiter der Fluss fließt. Der Großteil der Stoffe sind Verbraucher-Abfälle, die nicht aus Industriebetrieben stammen. Darunter sind beispielsweise Rückstände blutdrucksenkender Arzneimittel, Antibiotika oder verschiedene Schmerzmittel. Aber auch die Chemikalie Benzotriazol, die unter anderem in Spülmaschinen-Tabs Verwendung findet, oder künstliche Süßstoffe aus kalorienarmen Getränken wie Acesulfam und Sucralose, die in Kläranlagen nicht komplett abgebaut werden, finden sich im Rhein. Natürlich hat das Team um Professor Fath auch "exotischere" Substanzen nachgewiesen, die in Privathaushalten keine Verwendung finden dürften. Hierzu gehört das zu den seltenen Erden zählende Gadolinium, das als Kontrastmittel bei Untersuchungen im Kernspintomographen eingesetzt wird. Welchen positiven Effekt EU-Verbote haben können, zeigt sich am Beispiel von PFOS, das zu den perfluorierten Tensiden gehört. Es ist seit Juni 2008 in der EU verboten und so zeigte sich im historischen Vergleich zum Jahr 2006 auf der Höhe von Düsseldorf ein Rückgang der Messwerte von 80 auf 6 Nanogramm im Rheinwasser. Ebenfalls positive Nachrichten gab es bei den Schwermetallionen, egal ob bei Kupfer, Blei, Titan oder Chrom - bei allen wurden stets die Trinkwassergrenzwerte unterschritten. Beunruhigender sind die Ergebnisse in anderen Bereichen. So bedrohen Nitrate und Phosphate aus der landwirtschaftlichen Nutzung das Trinkwasser, da diese bei starkem Regen ohne Rückhaltemöglichkeiten direkt ins Grundwasser gespült werden. Bedenklich und aktuell weltweit diskutiert ist außerdem die Menge an Mikroplastikpartikeln, die in diesem Fall durch den Rhein in die Nordsee gelangt. Nach Berechnungen von Prof. Fath sind das mindestens acht Tonnen jährlich. Ob Reste von Plastikflaschen, zersetzte Einkaufstüten oder Mikroplastikkügelchen aus Körperpflegeprodukten - wenn sie nicht gefiltert oder entsprechend entsorgt werden, gelangen sie früher oder später in unsere Gewässer und damit auch in den Nahrungskreislauf an dessen Ende der Mensch steht. Im Magen von Rheinfischen finden sich bereits Polyamid-Fasern von Fleece-Textilien und in Geweben von anderen Wassertieren weitere Schadstoffe wie Weichmacher, die auf Plastikmüll zurückgehen.

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Die umfassende Bestandsaufnahme der Wassergüte im Rhein und die daraus gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse dienen Professor Fath als Grundlage für seine weiteren Forschungen zur Entwicklung von Prozessen und Systemen, die kritische Substanzen filtern und abbauen, bevor sie überhaupt zu den Kläranlagen oder in unsere Gewässer gelangen. Seine mit dem Schwimmmarathon verfolgten Ziele hat er jedenfalls erreicht: Aufmerksamkeit für den Gewässerschutz, aussagekräftige Messwerte und das gewünschte Großanalysegerät für die Hochschule konnte sogar in einer höherwertigen Version angeschafft werden. Und auch die sportliche Herausforderung hat er bravourös gemeistert. Ein Folgeprojekt ist zudem schon geplant. Als nächstes wird Professor Fath den Tennessee-River in den USA durchschwimmen. Er hat die Schülerinnen und Schüler des Instituts herzlich eingeladen, bei dem Projekt mitzumachen.

 

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Für viel Aufsehen sorgte Andreas Fath im Sommer 2014 mit dem Projekt "Rheines Wasser", das Extremsport, Wissenschaft und Umweltschutz verknüpfte: Er durchschwamm in Rekordzeit den Rhein von der Quelle bis zur Mündung und analysierte dabei die Rheinwasserqualität unter verschiedenen wissenschaftlichen Fragestellungen. Ergebnisse und Eindrücke dieser ungewöhnlichen Reise werden vorgestellt.

größer Fath ist promovierter Chemiker und seit 2011 Professor für Physikalische Chemie und Analytik an der Hochschule Furtwangen. Als Langstreckenschwimmer hat er schon früh seine Leidenschaft für das Element Wasser entdeckt, die auch sein besonderes Interesse als Wissenschaftler an diesem Element begründet. Sein Hauptinteresse gilt dabei seit Jahren der Abwasserforschung und dem präventiven Gewässerschutz.

Bereits als Chefchemiker der Hansgrohe SE hat er sich von 2000 bis 2011 um die Entwicklung von Verfahren und Systemen gekümmert, die Problemstoffe aus Abwässern herausfiltern, bevor sie ins Wasser gelangen. Dafür hat ihn die Fraunhofer Gesellschaft 2010 mit dem UMSICHT-Wissenschaftspreis ausgezeichnet.