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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

Besuch in Debrecen/Ungarn

im März 2019

Nach einem Besuch vom Fachgymnasium für Chemie des Debrecener Fachbildungszentrums (DSZC) im Juni vergangenen Jahres, machten sich Frau Pfiz und ich Anfang März auf den Weg zu einem Gegenbesuch in Ungarn, um die Schule, einige Lehrkräfte sowie die Stadt kennenzulernen und über mögliche gemeinsame Projekt zu sprechen.

Besuch in Debrecen/Ungarn im März 2019

Debrecen, die mit über 200.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Ungarns, liegt im Osten des Landes, unweit der rumänischen Grenze, etwas mehr als zwei Autostunden von der Hauptstadt Budapest entfernt. Diese letzte Strecke legten wir im Mietwagen zurück, nachdem wir zuvor von Stuttgart aus das Flugzeug genommen hatten. Da wir abends in Debrecen ankamen, fuhren wir gleich in unser Quartier. Während unseres zweitägigen Aufenthalts waren wir in geschmackvoll eingerichteten Zimmern des Gasthofs Régi Posta – Alte Post – untergebracht, dem ältesten noch erhaltenen Wohngebäude Debrecens. Dort soll gut 300 Jahre zuvor sogar König Karl XII. von Schweden übernachtet haben, auf seiner Flucht vor Zar Peter I. aus Russland. Im großen Kellergewölbe des Gebäudes wird außerdem ein Restaurant mit traditioneller ungarischer Küche betrieben, das wir am nächsten Abend kennenlernen sollten.

Zunächst stand am Vormittag nach unserer Ankunft aber der Besuch der Schule auf dem Programm. Wir wurden nach dem Frühstück von Frau Baráth abgeholt, die wir bereits von ihrem Besuch in Stuttgart kannten. Sie hatte ihren Schulleiter Herrn Szabó im vergangenen Jahr begleitet, um zu dolmetschen und war auch im Vorfeld dieser Reise unsere Ansprechpartnerin. Frau Baráth unterrichtet an dem Fachgymnasium Deutsch und Geschichte – auch letzteres in deutscher Sprache. Außerdem koordiniert sie mehrere Schulpartnerschaften. Herr Szabó erwartete uns bereits im Schulleiterzimmer und begrüßte uns sehr freundlich. In einer ersten Gesprächsrunde stellte er uns seine Schule sowie mögliche Bildungswege für die Schüler/-innen vor.

Besuch in Debrecen/Ungarn im März 2019

Nach der in Ungarn achtjährigen Grundschulzeit können sie an diesem Fachgymnasium innerhalb von vier Jahren ihr allgemeinbildendes Abitur mit einem Schwerpunkt in Chemie ablegen. Insgesamt gibt es im Debrecener Fachbildungszentrum 11 solcher Fachgymnasien mit unterschiedlicher fachlicher Ausrichtung. Zu den Abiturprüfungen gehören an dieser Schule dann sowohl eine mündliche als auch eine schriftliche Prüfung in Chemie. Schüler/-innen mit einer solchen Vorqualifikation können hier anschließend innerhalb nur eines Jahres eine Technikerausbildung im Bereich Chemie absolvieren und darauf aufbauend ist sogar noch eine einjährige Spezialisierung möglich. Eine der Besonderheiten des Debrecener Fachgymnasiums für Chemie ist, dass ein Teil der Fächer – auch Chemie – in einigen Klassen auf Deutsch unterrichtet wird. Eine andere, dass eine der derzeit fünf Techniker-Klassen eine duale Ausbildung absolviert, die gemeinsam mit der Firma MOL, dem führenden Mineralölkonzern Ungarns, ins Leben gerufen wurde. Die speziell ausgewählten Schüler/-innen dieser Klasse verbringen zwei Tage pro Woche am MOL-Standort in Tiszaújváros – der für den nächsten Tag auf unserem Reiseprogramm stand – wo sie sowohl von Ausbilder/-innen aus der Firma als auch von Lehrkräften ihrer Schule unterrichtet und angeleitet werden. Obwohl sie sich nicht zu einer anschließenden Tätigkeit bei MOL verpflichten müssen – zahlreiche der Techniker/-innen nehmen nach der Ausbildung ein Studium auf – erhalten sie während des Ausbildungsjahres bereits Geld von der Firma. Deshalb sind die Plätze in dieser Klasse sehr begehrt.

Bei einem Rundgang konnten wir uns dann persönlich einen guten Eindruck von der Schule, den Unterrichtsräumen sowie den verschiedenen Laboren und vorhandenen Geräten verschaffen. Zudem gab es am Rande immer wieder die Möglichkeit, kurz mit Lehrkräften ins Gespräch zu kommen oder einen Blick auf die in den Laboren arbeitenden Schüler/-innen zu werfen. Anschließend, die Chemielehrerin und stellvertretende Schulleiterin Frau Kónya war inzwischen zu uns gestoßen, unterhielten wir uns auch über die Berufschancen der ungarischen Absolvent/-innen, das grundsätzliche Interesse an naturwissenschaftlichen Ausbildungen und die Besonderheiten der heutigen Schüler/-innen. Außerdem ließen wir uns die aktuelle Version des an der Schule seit fast zehn Jahren genutzten elektronischen Klassenbuchs erklären und vorführen. Einen großen Teil der Besprechungszeit widmeten wir schließlich den Überlegungen zu einem gemeinsamen Erasmus+ -Projekt, das von der ungarischen Schule vorgeschlagen wurde und bei dem auch die Chemieingenieurschule Brünn/Tschechien eingebunden werden soll. Hierzu haben wir gleich ein paar Ideen gesammelt und erste Rahmendaten festgelegt.

Das anschließende Mittagessen nahmen wir im prachtvollen Saal eines ehemaligen Hotels ein, wo wir an einem All you can eat-Büfett verschiedene ungarische Spezialitäten probieren konnten. Gut gesättigt folgten wir dann Frau Baráth, die uns zahlreiche interessante Orte in der Debreciner Innenstadt zeigte. Ein Höhepunkt war zweifellos die Führung in deutscher Sprache im Museum des Reformierten Kollegiums, einem historisch bedeutsamen Ort, an dem wir viel über die Geschichte Ungarns und Debrecins erfuhren.

Besuch in Debrecen/Ungarn im März 2019

Das Kollegium sowie die benachbarte Große Reformierte Kirche machten Debrecen nicht nur zu einem Zentrum des ungarischen Calvinismus, dem „calvinistischen Rom“, im Oratorium des Kollegiums tagte von Januar bis Mai 1849 – während des ungarischen Freiheitskampfes gegen die Vorherrschaft der österreichischen Habsburger – auch das Unterhaus des ungarischen Parlaments und bereitete die Unabhängigkeitserklärung vor, die später in der Großen Kirche verlesen wurde. Die eindrucksvolle Bibliothek im obersten Stock des Kollegiums zählt auch heute noch zu den schönsten Bibliotheken weltweit und verwahrt mehr als 600.000 Bücher, angefangen von mittelalterlichen Codices bis hin zu aktueller Gegenwartstheologie. Nach so viel eindrucksvoller Geschichte tat es gut, sich im Stadtpark, der eine Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten bietet, ein wenig die Beine zu vertreten. Der Spaziergang führte uns dann noch zur Debreciner Universität, unserem letzten Ziel an diesem Tag. Selbigen beschlossen wir bei leckerem Essen und angeregten Gesprächen mit Herrn Szabó, Frau Kónya und Frau Baráth im bereits erwähnten Keller-Restaurant in unserer Unterkunft.

Am Vormittag des zweiten Besuchstages erkundeten wir zunächst eigenständig einige noch nicht gesehene Ecken Debrecens, bevor wir mit Frau Baráth die Große Reformiert Kirche besichtigten, die am Vortag bereits geschlossen war. Sie ist nicht nur aufgrund ihrer Größe und Vergangenheit sehr eindrucksvoll, nach dem Aufstieg auf ihren Turm hat man auch einen tollen Blick auf die Stadt sowie weit darüber hinaus. Danach hieß es bereits Abschied nehmen von Debrecen.

Besuch in Debrecen/Ungarn im März 2019

Der letzte offizielle Programmpunkt unserer Reise war der Besuch bei MOL in Tiszaújváros, etwa 75 Kilometer nordwestlich von Debrecen. Auf dem Weg dorthin hielten wir zum Mittagessen an einer typisch ungarischen Csárda, einer speziellen Art Restaurant oder Wirtshaus, bunt dekoriert in den ungarischen Nationalfarben und mit einer Vielzahl ausgestopfter Wildtiere an den Wänden – und auch die Fischsuppe zum Essen, mit Fischen aus der Theiß, war einmal mehr typisch ungarisch. Am Werkstor von MOL wurden wir dann von einer Mitarbeiterin in Empfang genommen, die das duale Ausbildungsprogramm mit betreut.

Besuch in Debrecen/Ungarn im März 2019

Von ihr erhielten wir zunächst einige grundsätzliche Informationen zu dem Unternehmen und seinen Produkten sowie zur Organisation der dualen Ausbildung und der Kooperation mit dem Fachgymnasium. So unterrichten die Lehrkräfte aus Debrecen bei MOL nicht nur ihre eigenen Schüler/-innen, sondern zum Teil auch bereits angestellte Mitarbeiter/-innen, die nun berufsbegleitend zu Technikern nachqualifiziert werden. Abschließend durften wir die Unterrichtsräume und Labore besichtigen, die MOL extra für die Ausbildungskooperation neu bauen und einrichten musste – offensichtlich aber eine lohnende Investition.

Als wir am späten Abend wieder in Stuttgart landeten, hatten wir viele neue Eindrücke, interessante Begegnungen und spannende Gespräche in unserem Gepäck. Wir hoffen nun, diese begonnene Schulpartnerschaft in den nächsten Jahren intensivieren zu können.

Dominik Blosat
Stuttgart, März 2019

 

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