Es war schon immer das besondere Anliegen von Wolfgang Flad, den Schülern über das reine Fachwissen hinaus Verständnis für komplexe gesellschaftspolitische Zusammenhänge zu vermitteln und ihnen dadurch eine eigene Sicht der Welt zu ermöglichen. Vorträge, Projektarbeiten sowie die Mitgliedschaft in zahlreichen Organisationen zeugen davon.
Seit 1988 ist das Institut UNESCO-Modellschule. 1996 wurde es als Schule ohne Rassismus ausgezeichnet und fünfmal in Folge wurde die Schule für Nachhaltigkeit in Bildung und Erziehung durch die Vereinten Nationen und die Deutsche UNESCO-Kommission geehrt. Eine Fortsetzung dieser engen Verbindung mit der UN war der Besuch von Dr. Ekkehard Griep. Er arbeitete im Sekretariat der UN. Als langjähriges Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) ist ihm dieses internationale Parkett bestens vertraut.
Dr. Griep legte den Schwerpunkt seines Vortrages auf drei Themen: Ziele der UN, Hauptorgane und die Rolle Deutschlands in dieser Organisation.
Das Gründungsjahr der UN, 1945, verweist auf den historischen Kontext. Die Welt wurde durch zwei Weltkriege erschüttert, der Völkerbund als Vorgänger der Vereinten Nationen hatte sich als unfähig erwiesen, Frieden global zu sichern. Im zweiten Anlauf sollte dies nun gelingen. Die Ziele sind in der Charta der UN formuliert: Wahrung des Friedens weltweit, Garantie der Menschenrechte und Stärkung der internationalen Zusammenarbeit auf unterschiedlichsten Gebieten.
Zunächst gehörten der UN 51 Mitgliedsstaaten an. Heute sind es 193; 1973, als Spätkommer, so Dr. Griep, traten zeitgleich die Bundesrepublik und die DDR bei.
Momentan, 2019/2020, ist die Bundesrepublik nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates.
Auf diesen ging der Referent vertieft ein, bildet dieses Gremium doch den "Kern" der Vereinten Nationen. Zehn nichtständige Mitglieder wechseln regelmäßig alle zwei Jahre. Den Ton geben die ständigen Mitglieder an, sie geben die politische Richtung vor. Fünf Staaten, neben den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges USA, Russland, Großbritannien, Frankreich auch China, sind die Hauptakteure. Sie sind federführend bei der Durchführung von Verfahren, die die Beilegung von internationalen Streitigkeiten zum Ziel haben, z.B. durch Entsendung von Soldaten im Rahmen von Friedensmissionen. Jedes ständige Mitglied hat die Möglichkeit ein Veto einzulegen; somit kann eine Entscheidung des Rates blockiert werden. Davon wird Gebrauch gemacht. Dr. Griep führte als aktuelles Beispiel Syrien an. Resolutionen wurden durch Russland und China verhindert. Auch die USA praktizieren Blockadepolitik. Sie drohten im April 2019 einen deutschen Vorschlag scheitern zu lassen, demzufolge sexuelle Gewalt als Mittel der Kriegsführung geächtet werden sollte. Im Endeffekt einigte man sich im Sicherheitsrat auf einen "weichgespülten" Kompromiss, so Dr. Griep.
Neben dem Sicherheitsrat ist die Generalversammlung mit Sitz in New York das wichtigste Organ der UN. Jeder Mitgliedstaat hat eine Stimme. Unter anderem wählt die Generalversammlung auf Vorschlag des Sicherheitsrates den Generalsekretär. Seit Januar 2017 steht Antonio Guterres an der Spitze des UN-Sekretariates.
Abschließend ging der Referent auf die besondere Rolle Deutschlands als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates ein. Die Bundesrepublik wurde mit einer überwältigenden Mehrheit, 184 von 188 vertretene Nationen stimmten dafür, in dieses wichtige Gremium gewählt. Deutschland hat Gewicht, seine Stimme wird gehört. Es ist zudem der viertgrößte Beitragszahler. Auch inhaltlich setzt die deutsche Außenpolitik Akzente:
- Stärkung von Frauen bei Friedensprozessen
- Klimapolitik
- globale Gesundheitsfürsorge
- Abrüstung und Rüstungskontrolle
Die Bundesrepublik versteht sich dezidiert als Vermittlerin, als Brückenbauerin. Darin liegen große Chancen.
Im Anschluss an den Vortrag stellten die Schüler Dr. Griep zahlreiche Fragen: Warum fünf ständige Sicherheitsratsmitglieder? Warum gerade diese Nationen? Rolle der UN angesichts der aktuellen Lage in Hongkong? Interessen Russlands in Syrien? Als ausgewiesener Kenner der Materie blieb Dr. Griep keine Antwort schuldig.
Wer einen Blick hinter die Kulissen der UN werfen möchte, kann dies durch die Lektüre von Dr. Grieps Buch tun: "Wir sind UN, Deutsche bei den Vereinten Nationen", Herder Verlag. Es steht zum Ausleihen in der Institutsbibliothek!
Fazit: Chemieunterricht ist spannend und lehrreich - "Politikunterricht" durch einen solch kompetenten Referenten aber auch!
Angela Schmitt-Bucher
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