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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

Gastvortrag: "Chemie - gestern und heute - Ideen, Erfolge, Herausforderungen"
Prof. Volker Buß und Hans-Jürgen Bersch

Mi, 09.07.03, 15.00 im Institut Dr. Flad

In einem Jahr der Chemie ist es von besonderem Reiz, nachzuzeichnen, welche mitunter rasante Entwicklung die Wissenschaft im Laufe von Dezennien da und dort zu verzeichnen hat, aber auch, welche bereits als quasi vor der Tür stehend prognostizierte Durchbrüche faktisch ausgeblieben sind. Aufmerksamkeit verdient in dem Zusammenhang zudem, was davon die Wissenschaft der Öffentlichkeit vermittelte - etwa über das leistungsfähige Informationsmedium Fernsehen.

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Chemie zwischen gestern und heute - Ideen, Erfolge, Herausforderungen - unter diesem Titel sprachen mit Blick zurück auf ihre lange Zusammenarbeit für das Fernsehen Prof. Dr. Volker Buß (Universität Duisburg) und Hans-Jürgen Bersch - Chemiker und Wissenschaftsjournalist beim ZDF - in einem Vortrag, den sie im Rahmen der Veranstaltungen zum Jahr der Chemie in Stuttgart am 9. Juli d.J. am Institut Dr. Flad hielten

Er blendete einleitend zurück in das Jahr 1973, das zur Geburtsstunde einer neuen Farbe im Programm des Zweiten Deutschen Fernsehens geworden war: in Serien konzipierte und ausgestrahlte naturwissenschaftliche Studien- und Bildungsprogramme, die, unterstützt von eigens darauf zugeschnittenen Begleitbüchern, motivierten Zuschauern erstmals eine systematische Einführung in naturwissenschaftliche Disziplinen boten.

Zur fraglichen Zeit hatte die Chemie als Folge von einigen spektakulären Unfällen und Umweltskandalen fühlbar von ihrem Glanz eingebüßt, in dem sie sich seit den Jahren des Wirtschaftswunders zunehmend und ungebrochen hatte sonnen können. Andererseits hatten die spektakulären Aufnahmen der Astronauten vom blauen Planeten Erde just den Begriff Raumschiff Erde geprägt und damit auch der breiten Öffentlichkeit die Endlichkeit irdischer Ressourcen, aber auch die Forderung nach einem schonenden Umgang mit der Umwelt im Sinne des Wortes vor Augen geführt - und damit drastischer als dies zuvor dem Club of Rome mit seinen alarmierenden Warnungen gelungen war. Freilich: mitzureden und im politischen Raum mit zu entscheiden, setzt den Besitz von naturwissenschaftlichem Grundwissen voraus - ja macht dessen Erwerb geradezu zur Bürgerpflicht. Ein derartiges Wissen zu vermitteln machten sich die ZDF-Serien zur Aufgabe, wobei sich Autoren und Redaktion, angeregt von Prof. Dr. Hans Kuhn (MPI für biophysikalische Chemie, Göttingen), bewusst vom tradierten Stoffkatalog abwandten und sich bei der Realisierung rigoros der vielfältigen Mittel des Fernsehens zur Visualisierung auch schwieriger Sachverhalte bedienten. Beides illustrierte eindrucksvoll eine Rückschau auf den Aufbau der Serien sowie dafür visualisierte Experimente - einfache wie schwierige, bekannte wie wahre Raritären ...

Der Hauptteil des Vortrags mit dem Hin und Her zwischen einst und jetzt griff zunächst das von Hans Kuhn erdachte Modellexperiment auf, im Fernsehen das LAUE-Verfahren in den Bereich sichtbaren Lichts zu verlagern, um anschließend heute gewinnbare, geradezu faszinierende Abbilder von der Oberfläche eines Feststoffes wie etwa von Kochsalz oder Grafit in atomarer Auflösung vorzustellen und weiter führend zu zeigen, was einst als nie realisierbar galt: das geplante Platzieren einzelner Atome!

An das 1973 von Erwin Neher im ZDF gezeigte Experiment anknüpfend, das den Durchtritt einzelner Ionen durch eine biologische Membran zu verfolgen gestattet (Nobelpreis für Medizin 1991), leitete zum nächsten Aspekt über: dem heutigen Wissensstand vom Sehvorgang. Über alle Komplexität des Geschehens hinaus überraschte dabei die für Außenstehende kaum noch nachvollziehbare Messmethodik und das Zusammenspiel zwischen Experimentatoren und Theoretikern.

Der ZDF-Beitrag Spuren auf der Spur (aus der Reihe Chemie auf den zweiten Blick) hatte vor gut zwanzig Jahren die damalige Leistung der in den Labors des Bundeskriminalamtes eingesetzten physikalisch-chemischen Analytik demonstriert. Nur wenig später wurde die Polymerase-Kettenreaktion entwickelt. Im Bereich von DNA-Analysen eingesetzt, verhilft sie heute zu praktisch eindeutigen Vaterschaftsnachweisen, aber anhand selbst winzigster, am Tatort aufgefundener Materialproben zur sicheren Überführung oder Entlastung Verdächtigter. So drehte sich das gezeigte Beispiel - wie schon damals - um einen verschuldeten Unfall mit Fahrerflucht.

Am Schluss stand das zentrale Problem Energie, dem die ZDF-Redaktion vor Jahren eine eigene Sendereihe gewidmet hatte. Angesichts des unermesslichen und zeitlich praktisch unbegrenzten Vorrats an Sonnenenergie überrascht auf den ersten Blick die bloße Existenz eines Energieproblems. Dieses Warum beantwortete ein Exkurs zu "Wertigkeiten" von Energie(formen) und zur Arbeitsweise von Kraftwerken. Die Zukunft der seit Jahrzehnten technologisch als ultima ratio proklamierte Brennstoffzelle mit ihrem phantastisch guten Wirkungsgrad ist hingegen unverändert offen - unbeschadet begrenzter Durchbrüche, die jedes Mal prompt neue Hoffnung schüren.

So entließen die Vortragenden das Auditorium in Nachdenklichkeit - auch darüber, dass im Fernsehen die gnadenlose Jagd um Publikumsgunst und Einschaltquoten jeder Form von systematischer Wissenschaftsvermittlung längst das AUS gebracht hat.

 

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