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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.
Doppelqualifikation: Erst Azubi - dann Student   (11/98)

Wir wollen auf einen Artikel in "abi - das Berufswahlmagazin" Ausgabe November, Seite 19 hinweisen:

Die Anzahl der Studierenden, die bereits eine Berufsausbildung absolviert haben, wächst kontinuierlich. An Universitäten liegt ihr Anteil unter den Absolventen bereits bei knapp einem Viertel; an Fachhochschulen hat sogar weit über die Hälfte der diplomierten Abgänger bereits Erfahrungen im Berufsleben gesammelt und einen Berufsabschluss in der Tasche. "Natürlich sind da riesige fächerspezifische Unterschiede zu verzeichnen. Es gibt dieses Phänomen Ausbildung vor dem Studium massiv in den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern, in den Ingenieurwissenschaften und in den Studiengängen des Sozialwesens", präzisiert Matthias Heidel, Berufsberater für Abiturienten und Hochschüler beim Arbeitsamt Coburg, diesen Sachverhalt. In den Naturwissenschaften sind die sogenannten Doppelqualifizierer eher die Ausnahme und in den Geisteswissenschaften fristen sie nahezu ein Exotendasein.

 
Fünf Beweggründe

Welche Motive kann es nun geben, diese Art der Doppelqualifikation anzustreben? Ein nahe liegender Grund ist das Interesse an praktischer Arbeit. Wem die Schule schon zu theoretisch war und wer gerne selbst zupackt und schon nach kurzer Zeit konkrete Ergebnisse seiner Arbeit sehen möchte, für den ist eine berufliche Ausbildung sicher empfehlenswert. Erwacht während der Ausbildung dann das Interesse, hinter die Dinge schauen und tiefer in die Materie eindringen zu wollen, dann steht einem anschließenden Studium ja nichts im Wege.

Ein weiterer Grund, dem Studium eine Ausbildung vorzuschalten, kann in einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis hegen. "Manche Abiturienten, die zu mir in die Beratung kommen, möchten durch eine Berufsausbildung ihren weiteren Bildungsweg absichern ", berichtet Matthias Heidel. Diese Gruppe möchte Vorsorge tragen für ein eventuelles Scheitern im Studium. Zudem versprechen sie sich materielle Absicherung in Form einer Arbeitsstelle in ihrem Erstberuf, falls sie später auf dem teilweise unsicheren Akademikerarbeitsmarkt keine Stelle finden.

Ein weiterer Antrieb dafür, vor dem Hochschulbesuch Praxisluft zu schnuppern und einen Berufsabschluss zu machen, liegt in der Überlegung, daß die Ausbildung ein integraler Bestandteil der eigenen Bildungsbiographie sein soll. In diese dritte Motivkategorie fallen all diejenigen, die bewußt planen, nach dem Abitur zunächst eine praxisorientierte Ausbildung zu machen und danach ein Studium, das inhaltlich stark mit der Ausbildung verwoben ist. Das Ziel wäre hier also der Aufbau einer geradlinigen, stringenten beruflichen Biographie. Die Berufsausbildung dient in diesem Fall als berufspraktische Vorbereitung auf das Studium.

Ein vierter Beweggrund ist die Überbrückung von Wartezeiten aufgrund von Zulassungsbeschränkungen. Verzögert ein Numerus clausus die Aufnahme des Wunschstudiums, kann es durchaus sinnvoll sein, bis zur Zulassung zum Studium eine passende Berufsausbildung zu absolvieren. Wer beispielsweise längere Zeit auf einen Studienplatz in Medizin warten muß, könnte sich um einen Ausbildungsplatz als Krankenschwester beziehungsweise Krankenpfleger bewerben. Durch diese Ausbildung wäre es der Ärztin und dem Arzt in spe möglich, schon vor dem Studium wichtige Erfahrungen im Umgang mit Patienten zu sammeln. Dazu käme ein finanzieller Aspekt: Als examinierte Pflegekräfte sind Medizinstudierende in den meisten Krankenhäusern als Aushilfskräfte willkommen und könnten so ihr Budget kräftig aufbessern.

Der fünfte Grund, weswegen Abiturienten zunächst einen Ausbildungsberuf favorisieren, ist folgender: Viele wissen nach dem Abitur noch nicht so genau, was sie eigentlich beruflich machen wollen. "Die Berufsausbildung fungiert dann als eine Art Verlängerung der schulisch-beruflichen Orientierungsphase", weiß Matthias Heidel aus seiner Beratungspraxis zu berichten. Wer sich nicht sicher ist, in welche Richtung er beruflich gehen möchte und Bedenken hat, sich gleich nach dem Abitur auf ein mehrere Jahre dauerndes Studium einzulassen, der ist sicher nicht schlecht beraten, wenn er sich zunächst für eine Berufsausbildung entscheidet. Dadurch gewinnt er Zeit, bekommt Einblicke in die Arbeitswelt sowie in verschiedene Arbeitsbereiche, kann sich über berufliche Alternativen informieren und verdient zudem bereits eigenes Geld. "Bevor jemand irgendwelche Jobs macht oder sich verabschiedet, um sich auf die Insel zu legen, sollte er lieber etwas tun, was ihn beruflich weiterbringt", rät Berufsberater Heidel.

Neben diesen fünf Beweggründen für die vorgeschaltete Berufsausbildung gibt es sicherlich noch weitere. Oft spielen nicht nur nüchterne Überlegungen bei der Wahl des Ausbildungsweges eine Rolle, sondern auch Gefühle, Intuition, spontane Ideen oder der Zufall. Hinzu kommt, daß bei den ersten Schritten in die Berufswelt meist ein Geflecht von Motiven Einfluß nimmt. So kann es also durchaus sein, daß sich jemand aus Interesse und aus Sicherheitsdenken heraus dafür entscheidet, vor dem Studium eine Berufsausbildung zu absolvieren.

 
Individuelle Entscheidung

Eine generelle Empfehlung für oder gegen die Berufsausbildung vor dem Studium läßt sich nicht geben. So gibt es Argumente für eine direkte Aufnahme des Studiums nach dem Abitur beziehungsweise nach Ableistung des Wehr- oder Ersatzdienstes und dagegen.

Untersuchungen über den Eintritt ins Arbeitsleben und den Arbeitserfolg sogenannter Doppelqualifizierer und ihrer Kollegen, die "nur" an der Hochschule waren, zeigen keine allzu großen Unterschiede. Immerhin wurde festgestellt, daß Doppelqualifizierer nach ihrem Hochschulexamen schneller in Akademikerstellen einmünden und schließlich zufriedener mit ihrer Position sind als die "Nur-Akademiker".

Bei den letztendlich erreichten Positionen in den Unternehmen ist zwischen den beiden Gruppen allerdings kein Unterschied auszumachen. Bezieht man das Einkommen auf die Lebenszeit, dann sind hier ebenfalls keine großen Differenzen festzustellen.