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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Prof. Dr. Peter Menzel

Institut für Didaktik der Naturwissenschaften und Informatik, Universität Hohenheim

Gasbatterie, Ozon und Schießbaumwolle - C.F. Schönbein, Chemiker aus Metzingen

Mittwoch, 30.03.2011, 15:00 Uhr
Experimentalvortrag an der Universität Hohenheim, Biozentrum B3     » Anfahrt

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Sauerstoffnachweise bei zerfallendem Wasserstoffperoxid

Prof. Dr. Peter Menzel
Gasbatterie, Ozon und Schießbaumwolle - C. F. Schönbein

Dass Chemie, Geschichte, Musik (Explosions-Polka), Philosophie, Gedichte und Lebenserinnerungen durchaus miteinander in Einklang zu bringen sind, ja sogar eine gelungene "Komposition" ergeben, bewiesen Prof. Peter Menzel und sein Team mit einem Vortrag über Leben und Werk von Christian Friedrich Schönbein.

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Urs Klebe las Texte von Schönbein und Dokumente aus seiner Zeit

Prof. Menzel, umtriebiger Experte auf dem Gebiet Didaktik der Chemie und Ökologie, Initiator des Fehling - Lab sowie Leiter des Stuttgarter Lehrerfortbildungszentrums, ist seit vielen Jahren in besonderer Weise mit dem Institut Dr. Flad verbunden. Er war Dozent für Organische Chemie und betreut seit langem Projektarbeiten der Flad-Schüler. Dem Motto seines Doktorvaters, Prof. Dr. Effenberger, nämlich "Die Sprache des Chemikers ist das Experiment", wurden die Schüler Patrick Adler, Martin Khoeiklang, Alexandros Konstantinides und Patrick Lichtenberger gerecht. Eine gelungene Mischung aus Vortrag, Bildeinspielung, Lesung und Experimenten brachte den Zuhörern im Biozentrum der Universität Hohenheim den Chemiker Schönbein näher.

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Unter den Schülern war eine Gruppe von der Schönbein-Realschule in Metzingen

Zunächst stellte Prof. Menzel in einem historischen Abriss den Lebensweg dieses außergewöhnlichen Wissenschaftlers vor. Schönbein wurde 1799 in Metzingen geboren und er fiel schon in ganz jungen Jahren wegen seiner vielfältigen Begabungen auf. Doch das Leben im bettelarmen Württemberg war hart. An eine wissenschaftliche Karriere war zunächst nicht zu denken. Schönbein wurde stattdessen mit 14 Jahren in die Lehre nach Böblingen geschickt. Die Trennung von seiner Familie und seiner Heimatstadt Metzingen bedeutete einen harten Einschnitt. Er verfasste Gedichte, in denen sein Heimweh, seine Sehnsucht, seine Hoffnung zum Ausdruck kommen. Beruflich bildete der Aufenthalt in Böblingen den Auftakt zu einer Erfolgsgeschichte. Vertiefte Kenntnisse in der praktischen Chemie machten ihn zu einem begehrten Mitarbeiter, sodass Schönbein bereits 1820 als Chemiker in Augsburg angestellt wurde. Neben der Chemie und der Physik interessierte er sich sehr für die Philosophie. Er blickte also weit über den Tellerrand der Naturwissenschaften hinaus. Aber philosophischer Autodidakt zu sein, befriedigte ihn nicht. Also bat er Friedrich W. J. Schelling, einen der bedeutendsten Philosophen, ihm, dem 20jährigen, Privatunterricht zu geben, was Schelling dann auch tat. Über die Stationen Erlangen, Tübingen, London und Paris folgte Schönbein schließlich einem Ruf nach Basel, wo er bis zu seinem Tod als Professor für Chemie und Physik lehrte. Dabei legte er Wert darauf, dass die Dinge hinterfragt wurden. Überhaupt hatte die Bildung für ihn große Bedeutung. Seine Tätigkeit als Lehrer, beeinflusst durch die Ideen Fröbels, war für ihn Lebensaufgabe: Die Schüler lernen nicht nur vom Lehrer - auch umgekehrt laufen Lernprozesse.

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Prof. Peter Menzel

Worin liegen Schönbeins wissenschaftliche Verdienste? Er untersuchte die Passivität von Eisen, befasste sich mit der Stromerzeugung aus Wasserstoff und Sauerstoff (Gasbatterie/Brennstoffzelle) sowie mit der Katalyse. Er ist der Entdecker des Ozons und der Schießbaumwolle.

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Schüler von LG 60 präsentieren im Rahmen des Vortrags ihre Projektarbeiten

Vier Flad-Schüler gaben Kostproben seines und ihres Könnens. Im ersten Experiment gingen sie der Frage nach, wie Eisen mit unterschiedlichen Säuren reagiert. Salpetersäure wirkt stark oxidierend. Sie löst viele unedle Metalle. Auffallend: Eisen wird von konzentrierter Salpetersäure nicht angegriffen; es bildet sich eine dünne Oxidhaut.

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Ein Eisennagel wird in konz. Salpetersäurepassiviert und löst sich in Salzsäure nicht mehr auf

Durch weitere Experimente wurde Ozon näher vorgestellt. Ozon, die aus dreiatomigen Molekülen bestehende Form des Sauerstoffes, ist mit einem charakteristischen Geruch behaftet. Es ist ein sehr starkes Oxidationsmittel und in höherer Dosis giftig. Ozon entsteht, wenn durch Energiezufuhr Sauerstoffatome aus Sauerstoffmolekülen freigesetzt werden. Eine Form der Energiezufuhr ist die UV-Strahlung der Sonne. Umso wichtiger ist eine intakte Ozonschicht, weil sie einen Großteil dieser Strahlung zurückhält. Wie hoch reaktiv Ozon wirkt, demonstrierten die Schüler u.a. an einem "Knalleffekt". Mittels eines Luftballons wurde gezeigt, dass Kunststoffe Doppelbindungen haben, die durch Ozon angegriffen werden: Das Platzen des Ballons ist vorprogrammiert.

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Die "errötende Jungfrau": Durch Kontakt wird die Passivierung aufgehoben und der Eisennagel reagiert mit Cu-Ionen
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Ozonerzeugung über elektrostatische Entladung

Die Entdeckung des Ozons ist sicherlich das Lebenswerk Schönbeins. Daneben hat er sich große Verdienste um die Schießbaumwolle erworben. Im Vergleich mit Schwarzpulver zeigt sich, welche Vorteile sie mit sich bringt. Bei der Verbrennung entwickelt sich kein Rauch, es findet eine schnelle Verpuffung statt und es bilden sich keine Rückstände in den Waffen. Mittels eines Videos demonstrierten die Schüler die aufwendige Herstellung der Schießbaumwolle. Sie entsteht durch das Nitrieren von Cellulose. Schönbein hatte Schwierigkeiten bei der Anmeldung von Patenten. Der wirtschaftliche Erfolg blieb ihm lange Zeit verwehrt.

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Ozon greift die Ballonhülle an, der Luftballon platzt

Zum Schluss führte Prof. Menzel eine Katalyse mittels Wasserstoffperoxid und Eisenchlorid vor. Lerneffekt nebenbei: Blut hat aufgrund seines Eisengehaltes katalytische Wirkung; es findet eine Sauerstoffübertragung statt.

"Wer nicht den Mut hat, neue Ideen auszusprechen, wird nicht zum Fortschritt beitragen", so die Überzeugung Schönbeins. Möglicherweise kostete ihn sein unkonventionelles Denken das Leben. Ein Jahr nach einem gefährlichen Selbstversuch, er aß mit Blausäure konserviertes Fleisch, starb Schönbein 1868.

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Ozon entzündet Ethanol

Schade, dass dieser Chemiker trotz seiner großen Leistungen so wenig bekannt ist - umso schöner, dass die Zuhörer/Zuschauer ihn in einem abwechslungsreichen Experimentalvortrag kennenlernen durften.

Dank an Prof. Menzel, sein Team und die "Projektarbeiter" für eine gelungene "Komposition".

Angela Schmitt-Bucher

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Verpuffendes Schwarzpulver
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Verpuffende Schießbaumwolle
 
Auf Schönbeins Spuren - Schüler der Schönbein-Realschule Metzingen bei den Stuttgarter Chemietagen des Institut Dr. Flad Lesen Sie dazu auch in unserem Pressearchiv:
Auf Schönbeins Spuren - Schüler der Schönbein-Realschule Metzingen bei den Stuttgarter Chemietagen des Institut Dr. Flad
 

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