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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

Die Streichquartette von Franz Schubert

"Ich bin für nichts als das Komponieren auf die Welt gekommen"

II. Abend

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"Sollst sanft in meinen Armen schlafen" Schuberts Streichquartett Der Tod und das Mädchen beeindruckte im Theaterkeller

"Vorüber! Ach vorüber!", wird manch einer im Publikum wehmütig bedauert haben, als der fulminante Schlussakkord von Franz Schuberts Streichquartett in d-Moll, D 810 im Theaterkeller des Instituts Dr. Flad verhallt war. Diese Worte bilden – selbstredend in anderem Sinnzusammenhang – den einleitenden Vers zu Matthias Claudius’ um 1774 entstandenem Gedicht Der Tod und das Mädchen, welches Schubert 1817 vertont hatte. Sein Quartett, 1824 nach einer Phase seelischer Zerrüttung entstanden, greift im zweiten Satz die einleitende Melodiephrase der Liedkomposition auf, weshalb sich der einprägsame Beiname erhalten hat.

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Zu verführerisch, wie in der Dichtung Claudius’ der Tod agiert, wäre es, der Versuchung zu erliegen, eine szenische Programmatik, eine Nach-Dichtung in bildhafter Klangrede anzunehmen. Gewiss, die melancholische Grundstimmung zieht sich durch das ganze Werk, doch, Schubert bedient sich der Musik eigenen Mitteln, deren logischer Gesetzmäßigkeiten.

Diese wie stets mit allem Ernst, mit allen Finessen, zu ergründen und darzutun, gelang den Asperger Kammersolisten, Roland Heuer und Ikuko Nishida-Heuer (Violine), Axel Breuch (Viola) und Joachim Hess (Violoncello) auf das Vortrefflichste.

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Zweifellos von besonderer Kostbarkeit waren die klugen Erläuterungen anhand sinnfällig gewählter Klangbeispiele, mit denen Roland Heuer die Zuhörer in den Kosmos dieses opus magnum einführte und mit Bezügen zu anderen Kompositionen wichtige Interpretationshinweise gab.

Die bedrückende Atmosphäre tat sich epigrammatisch schon in der Einleitung des Allegros auf, wobei das Unrast erzeugende Triolenmotiv, nicht unverwandt mit dem Beginn von Beethovens c-Moll- Symphonie, den unausweichlichen Gang des Schicksals ankündigte. In edler Einfalt, aber bald insistierend, bis zu schroffen Steigerungen, arbeiteten sich die Musiker an quasi monolithisch nebeneinander gesetzten Themenblöcken ab, trieben Motive und Phrasen durch zehn Tonarten und gaben so den vielfachen Schwankungen in Stimmung und Ausdrucksform lebendig Widerhall.

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Von feinster Sanftmut getragen entwickelte sich im Andante con moto aus der achttaktigen Einleitungsperiode des namensgebenden Kunstliedes eine durch geschickt eingeflochtene retardierende Momente in ihrer Wirkung erhöhte Steigerung schmerzhafter Empfindung. Die Idee von der Unaufhaltbarkeit des irdischen Weges kam in der pavanenartigen Schreitbewegung eindrücklich zu Gehör und stellte so auch den Bezug zur Tradition des danse macabre her, wie er etwa in der unübertroffenen Darstellung durch Holbein d. J. in seinem Holzschnitt "Die Edelfrau" aus den "Bildern des Todes" zu finden ist. Bezeichnend für die als typisch wienerisch geltende Haltung gegenüber dem Tode mag die Einbeziehung weiterer, vordergründig heiterer tänzerischer Variationen sein, die mit subtiler Grazie erklangen.

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Gleiches gilt für das Trio innerhalb des dritten Satzes, das mit zarten Aufhellungen in Dur an die heitere Stimmung früherer Tage (nicht nur im Leben und Erleben des Komponisten) erinnerte, allerdings nur als Interludium, das von dem fast attacca in den letzten Satz mündenden scharfen Scherzo-Thema mit dem passus duriusculus im Da capo schroff unterbrochen wurde.

Das rastlos dahinjagende Presto schließlich geriet zur letzten Offenbarung des großartigen, geradezu unvergleichlichen Konzertabends: die Asperger Kammersolisten warteten mit überaus feinsinniger, präziser wie an Intensität des Ausdrucks schwerlich zu übertreffender Klangkunst auf und ließen ein Monument des Quartetts erstehen, das nicht nur ein memento mori war, sondern, tragisch-traurigschön, ein memento Schubert.

Das tiefgerührte Publikum dankte mit gebührendem Beifall.

Martin R. Handschuh

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Konzertreihe "Musik im Gespräch" im Theaterkeller des Instituts