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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.
Gastvortrag am 4. März 2020 im Institut Dr. Flad

Die Chemie des "Katers"

Prof. Dr. Klaus Roth

Nach einem feucht-fröhlichen Abend beginnt der nächste Morgen mit Übelkeit, Erbrechen, Gliederzittern, Schweißausbrüchen, Blässe, Brummschädel und Kreislaufschwäche. Man fühlt sich schwer krank! Verantwortlich dafür ist natürlich der Alkohol (Ethanol). Aber wie kann ein so kleines Molekül so großes menschliches Leid verursachen? Verfolgen wir seinen Weg in und aus unserem Körper.

Die Chemie des Katers - Gastvortrag am 4. März 2020 im Institut Dr. Flad

Die beim Zechen aufgenommenen Alkoholmengen sind überraschen hoch. Zwei Liter Bier entsprechen rund 90 Gramm, eine gewaltige Menge, vor allem weil Alkohol in jede Körperzelle eindringt. Der sofort einsetzende Abbau verläuft ausschließlich oxidativ über zwei Stufen.

  1. Oxidation von Ethanol zu Acetaldehyd: CH3CH2OH → CH3CHO
  2. Weiteroxidation von Acetaldehyd zu Essigsäure: CH3CHO → CH3COOH

Die erste Stufe bildet den chemische Engpass und bestimmt die Geschwindigkeit des gesamten Alkoholabbaus. Der dabei entstandene Acetaldehyd ist toxisch und wird in unseren Zellen sehr effizient in der zweiten Stufe zu harmloser Essigsäure weiter oxydiert. Völlig unklar bleibt, warum die Katersymptome erst dann beginnen, wenn der Alkohol abgebaut ist, wenn also der Verursacher bereits verschwunden ist.

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Des Rätsels Lösung ist einfach. Wir haben stillschweigend angenommen, dass eingeatmeter Sauerstoff den Alkohol oxidiert hätte. Das liegt zwar nahe, aber unser Körper oxidiert ganz selten direkt mit Sauerstoff, weil der viel zu aggressiv ist und seine Reaktionen kaum kontrollierbar sind. Deswegen wandeln die Zellen Sauerstoff in einen chemischen Abkömmling um, der gut kontrolliert werden kann. In jeder Zelle wird ein Reservoir dieses Sauerstoff-Abkömmlings NAD (Nicotinamid-adenin-dinukleotid) angelegt, der bei einer Vielzahl von Oxidationsreaktionen eingesetzt wird. Auch Alkohol wird mit NAD zu Acetaldehyd und dann zu Essigsäure oxidiert und so führt eine gewaltige Alkohol-Überflutung unserer Zellen zum Absacken des NAD-Spiegels am nächsten Morgen auf die Hälfte. Sehr viele Stoffwechselprozesse werden gestört, und dies erklärt die unterschiedlichen Symptome eines Katers.

Zur Heilung des Katers muss das NAD-Reservoir aufgefüllt werden. Das kann unser Körper allein, aber es dauert. Schon während des Schlafes hat der Körper damit begonnen, durch erhöhte Herz- und Atemfrequenz die NAD Herstellung anzukurbeln.

Die langsame Rücksynthese von NAD können wir nicht beeinflussen. Selbst die Einnahme von NAD würde nicht helfen, weil diese Substanz im Magen zerstört werden würde und nicht in die Zellen eindringen könnte. NAD muss vor Ort, in jeder Zelle hergestellt werden. Es ist deprimierend, aber wir müssen tatenlos zusehen, wie durch langsame NAD-Rückgewinnung der Verkaterte vor sich hin jammert.

Wir können die Symptome des Katers nur lindern. Was hat man nicht schon alles ausprobiert: Wadenwickel, alle möglichen Teesorten und Kräuterextrakte, Essen von Rollmöpsen und sauren Gurken, heiße Milch mit Honig, erneutes Trinken des letzten alkoholischen Getränks. Keine dieser Empfehlungen wurde klinisch seriös untersucht oder hat sich tatsächlich bewährt. Nach intensiven Recherchen hat das Institut Dr. Flad das Wirksamste zusammengestellt.

  • Stilles Wasser in ausreichender Menge gegen den Durst
  • ASS (Acetylsalicylsäure) oder Ibuprofen gegen die Kopfschmerzen
  • Fruchtsaft gegen die Unterzuckerung (zur Not schale Limo)
  • Hühnerbrühe gegen den Elektrolytverlust (zur Not Salzstangen)

Das Institut Dr. Flad empfiehlt weiterhin eine Multivitamintablette. Die hilft natürlich auch nicht wirklich, aber ihr mächtiger Placebo-Effekt gibt Verkaterten das wohlige Gefühl, ihrem Körper endlich etwas Gutes getan zu haben.

Wenn der Kreislauf und die unteren Extremitäten einen aufrechten Gang erlauben, empfiehlt das Institut Dr. Flad einen gemächlicher Spaziergang an der frischen Luft. Auch das hilft nur bedingt, aber man hat Zeit, über die Sinnlosigkeit des maßlosen Trinkens nachzudenken.

Das Institut Dr. Flad garantiert, dass bei Beherzigen dieser Empfehlungen die Symptome nach spätestens zwei Tagen abgeklungen sein werden.

Die Chemie des Katers - Gastvortrag am 4. März 2020 im Institut Dr. Flad