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Institut Dr. Flad
Berufskolleg für Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Umwelt

Ausbildung mit Markenzeichen. Seit 1951.

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Prof. Dr. Henry Strasdeit

Institut für Chemie, Universität Hohenheim

Entstand das Leben auf Vulkaninseln?

Mittwoch, 12.10.2011, 16:00 Uhr:
Vortrag an der Universität Hohenheim, Biozentrum B3     » Anfahrt

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Die Frage nach dem Ursprung des Lebens beschäftigt Wissenschaftler schon seit vielen Jahrzehnten. Auch der Hohenheimer Chemiker Prof. Henry Strasdeit forscht auf dem Gebiet der präbiotischen Chemie und berichtete nun im Rahmen der 15. Stuttgarter Chemietage von seinen Erkenntnissen über die chemische Evolution, die vor etwa 4 Mrd. Jahren begann.

Zu Beginn seines fesselnden Vortrags über die Entstehung des Lebens auf der Erde schilderte Prof. Strasdeit die Situation auf der Erde vor rund 4 Mrd. Jahren: Die Atmosphäre enthielt noch keinen Sauerstoff, kurzwellige Strahlung konnte teilweise die Erdoberfläche erreichen, die Ozeane waren salzhaltig, unterseeische hydrothermale Quellen existierten, die Erde musste immer wieder heftigen Meteoriten- und Kometeneinschlägen standhalten und statt Kontinenten existierten lediglich zahlreiche Vulkaninseln.

Ausgehend vom so genannten "bottom-up-Ansatz" erforscht die Arbeitsgruppe um Prof. Strasdeit, zu welchen Reaktionen und Entwicklungsmöglichkeiten das chemische Inventar der Erde zu diesem Zeitpunkt schon fähig gewesen sein könnte. Der erste Ansatz, bei dem davon ausgegangen wurde, dass Aminosäuren aus den Blitzen in den Asche-Gas-Wolken der Vulkane (volcanic lightning) spontan kondensieren, sich an Tonminerale binden und beim Erhitzen Peptide bilden, war leider wenig Erfolg versprechend. Es zeigte sich im Experiment, dass auf diese Art und Weise nur Peptide aus maximal sechs Aminosäurebausteinen entstehen können, die aufgrund ihrer kurzen Kettenlänge weder als Enzyme noch als Polynucleotide (DNA, RNA) fungieren könnten und die unter den gegebenen Bedingungen auch schnell wieder hydrolysiert worden wären. Das Leben auf unserer Erde kann also nicht im "kleinen warmen Tümpel" entstanden sein, wie von Charles Darwin 1871 vermutet.

Für seinen zweiten Forschungsansatz untersuchte Strasdeit zusammen mit zwei weiteren Wissenschaftlern die Umgebung des Vulkanes Piton de la Fournaise auf La Réunion. Dieser Vulkan, der übrigens der zweitaktivste der Welt ist, zeigt in seinen Lavafeldern ähnliche Verhältnisse, wie sie vermutlich damals zu Beginn der chemischen Evolution geherrscht haben mögen. Auf Grund der dort erlangten Eindrücke und Erkenntnisse über Rockpools und der Entnahme von Bodenproben konnten Prof. Strasdeit und seine Mitarbeiter ein präbiotisches "Hot-volcanic-coast"-Szenario entwickeln:

Die wenigen im Meerwasser vorhandenen und aus Meteoriteneinschlägen stammenden Aminosäuren sind gemeinsam mit dem salzhaltigen Meerwasser verdampft, als heiße Lava in das Meer floss. Es bildeten sich auf den Vulkaninseln aminosäurehaltige Salzkrusten, wobei sich die Aminosäuren komplex an Calcium- oder Magnesium-Ionen gebunden haben. Diese Krusten wurden durch warme Gase, die von tiefer liegenden noch flüssigen Lavaströmen freigesetzt wurden, erhitzt. Dabei entstanden Salzsäure und Pyrrole, Diese Pyrrole wurden unter dem Einfluss der gleichzeitig freigewordenen Salzsäure (als Katalysator) sowie dem aus Kometen stammenden Formaldehyd und dem durch Blitze in der Atmosphäre entstandenen Nitrit (als Oxidationsmittel) zu zahlreichen Oligopyrrolen kondensiert, die übrigens in ähnlicher Form noch bei heutigen Lebewesen (z.B. im Chlorophyll) zu finden sind.

In vielen aufwändigen Simulationen und Experimenten konnten Prof. Strasdeit und sein Team die chemische Evolution bis zu dieser Stelle nachweisen.

Am Ende seines Vortrages verriet der Wissenschaftler noch einige Hypothesen, die jedoch bisher nur teilweise nachgewiesen werden konnten: Es wird vermutet, dass sich die kleinen organischen Moleküle in Kompartimenten organisiert haben könnten und Stoffwechsel und Wachstum in einem Netzwerk von sich gegenseitig katalysierenden Reaktionen entwickelt haben könnten.

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Die Zuhörer verließen den Hörsaal sicherlich gespannt auf die künftigen Forschungsergebnisse von Prof. Strasdeit, der mit einem Zitat schloss:

"Leben entstand aus der Abfolge einer riesigen Zahl kleiner Schritte, die nahezu alle, unter den jeweiligen Bedingungen, mit hoher Wahrscheinlichkeit abliefen."
(de Duve, 1991)

Anne-Marie Honold

 

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