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Grundlagen zur Verwendung der Haushaltsmikrowelle
Mikrowelle als elektromagnetische Welle
Mikrowellen gehören zu den elektromagnetischen Wellen. Das Spektrum der elektromagnetischen Wellen erstreckt sich von der langwelligen, energiearmen Radiostrahlung bis zur kurzwelligen, energiereichen Kernstrahlung. Die Mikrowellen liegen zwischen den Radiowellen und der IR-Strahlung. Sie besitzen eine Wellenlänge von 1 m bis 1 mm, was einer Frequenz von 0,3 bis 300 GHz entspricht.
Eingesetzt werden Mikrowellen in der Radartechnik, bei drahtlosen Kommunikationssystemen wie Mobilfunk und Satellitenfernsehen und natürlich im Mikrowellenofen.
Wechselwirkung zwischen Mikrowelle und Materie
Mikrowellen regen bestimmte chemische Strukturen an:
Anregung leicht beweglicher Dipolmoleküle zu Rotationen
Flüssiges Wasser besteht aus leicht beweglichen Dipolmolekülen. Treffen nun Mikrowellen auf flüssiges Wasser, werden die Wassermoleküle zu Rotationen (Hin-und Herbewegungen) angeregt, da sich die Dipole laufend im elektromagnetischen Wechselfeld ausrichten. Da Flüssigkeiten dicht gepackt sind, erfolgen aus den Hinund Herbewegungen Stöße, Wasser wird also erhitzt.
Bei Eis, dem festen Aggregatzustand von Wasser, ist die Beweglichkeit der Moleküle sehr gering, deshalb kann es durch Mikrowellen kaum angeregt und geschmolzen werden.
Im gasförmigen Zustand sind die Molekülabstände groß, so dass man nur geringe Erwärmung feststellen kann.
In Materialien mit beweglichen Dipolen dringen die Mikrowellen nur einige Zentimeter tief ein, die weitere Wärmeausbreitung erfolgt durch Wärmeleitung und Konvektion.
Anregung frei beweglicher Elektronen zu Schwingungen
Wenn sich frei bewegliche Elektronen im elektrischen Feld befinden, werden sie entgegen der elektrischen Feldlinienrichtung beschleunigt. Das elektrische Feld wechselt in einem Mikrowellenofen knapp zweieinhalbmilliardenmal pro Sekunde. Das führt dazu, dass die Elektronen extrem schnell hin- und her beschleunigt und zu Schwingungen angeregt werden.
Bei den Metallen mit ihren delokalisierten Elektronen dringt die Mikrowellenstrahlung nur einige Mikrometer tief ein und erzeugt Schwingungen der Elektronen. Bei sehr dünnen Metallschichten (z. B. Porzellanteller mit Metalldekor) entstehen dann hohe Spannungen und es fließen Ströme. Die Metallschichten können so heiß werden, dass sie verdampfen und Funkenüberschläge zu sehen sind. Bei großen Metallgegenständen wird die Strahlung reflektiert und die Restwärme abgeleitet.
Für die Anregbarkeit eines Materials in der Mikrowelle ist also nicht nur der Stoff an sich maßgebend, sondern auch dessen Oberflächenbeschaffenheit, Oberflächen- Volumen-Verhältnis und Homogenität.
Da Graphit ebenfalls delokalisierte Elektronen besitzt, die zu Schwingungen angeregt werden, erhitzen sich dünne Graphitschichen sehr stark.
Gekörnte Aktivkohle besitzt in ihren Poren Bereiche mit Graphitstruktur. Deshalb können sowohl dünne Graphitschichten als auch Aktivkohle zur einfachen Erzeugung hoher Temperaturen von über 1000° C in der Mikrowelle dienen. So kann man Glas, Pigmente und Legierungen herstellen.
Anregung von heißen ionisierten Gasen einer Flamme zu Plasma-Entladungen
Dieser 4. Aggregatzustand ist als Naturphänomen bei Gewittern und Nordlichtern zu sehen und liefert das Licht bei Leuchtröhren.
Nicht absorbierende Stoffe werden nicht angeregt
Stoffe wie z. B. Glas, Porzellan und bestimmte Kunststoffe, die keine leicht beweglichen Dipole oder Elektronen besitzen, sind für Mikrowellenstrahlung durchlässig und werden deshalb als Gefäßmaterial eingesetzt.
Mikrowellenherd
Das Herzstück des Mikrowellenherdes ist das Magnetron, welches die Mikrowellen erzeugt.
Die Strahlung wird durch die Metallwände und das Lochgitter der Tür reflektiert und im Innenraum zurückgehalten. Durch Reflexion der Wellen im Innenraum kommt es zu Interferenzen, was zu einem inhomogenen elektromagnetischen Feld führt. So entstehen Bereiche mit hoher Energiedichte (Hot-Spots) und Bereiche mit geringer Strahlungsintensität.
Das dabei auftretende Problem beim Erwärmen eines Essens wird durch den Einbau eines Glasdrehtellers oder einer rotierenden Antenne gelöst.
Die Leistungssteuerung in der Haushaltsmikrowelle erfolgt im Intervallbetrieb: das Magnetron arbeitet immer mit voller Leistung, wird aber im Rhythmus von einigen Sekunden ein- und ausgeschaltet (zu hören an einem charakteristischen Brummen). Durch das Verhältnis von Ein- zu Auszeit wird dabei die mittlere Leistung gesteuert. Bei Laborgeräten wird die Strahlungsamplitude jeweils angepasst.
Die Frequenz eines Mikrowellenofens beträgt 2,45 GHz, was einer Wellenlänge von ca. 12 cm entspricht.
Geschichte der Mikrowelle
Wie schon häufig bei Erfindungen hat die uns heute bekannte Haushaltsmikrowelle ihren Ursprung im militärischen Bereich. 1939 wurde das Magnetron erstmalig von englischen Wissenschaftlern als Sender für Radargeräte eingesetzt.
Die Entdeckung, dass damit auch Speisen erhitzt werden können, ist einem Zufall zu verdanken: im Jahr 1945 soll bei der Arbeit für Radaranlagen einem amerikanischen Ingenieur ein Schokoriegel in seiner Tasche geschmolzen sein.
Schon zwei Jahre später kam der erste Mikrowellenherd für über 2000 Dollar auf den Markt, in den 60er Jahren die ersten Tischgeräte.
In den 70er Jahren begann man in chemischen Laboren mit der Mikrowelle zu experimentieren. Ende der 90er Jahre kam der Durchbruch der Mikrowelle im Labor.
Literatur
I. Kaufmann und P. Menzel, "Chemie mit Mikrowelle", |