Chemie im alten Ägypten
Der Alltag der alten Ägypter aus chemischer Perspektive
Der Alltag der alten Ägypter wird aus chemischer Perspektive betrachtet und mit Hilfe von Experimenten untersucht: von Modellexperimenten zur Mumienherstellung über Pigmentherstellung und Bemalung von Scarabäen bis hin zu Experimenten zur Kosmetik.
Die Versuchsvorschriften von Dr. Angela Köhler-Krützfeldt, Berlin, stammen aus dem Vortrag "Chemie unter den Pyramiden" bzw. aus dem Workshop "Chemie im alten Ägypten", vorgetragen am Institut Dr. Flad im Rahmen der 12. Stuttgarter Chemietage.
Zusammenfassung und Überblick |
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![]() Die Gruppe bespricht die Experimente vor |
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Ziel der Versuchsreihe ist es, verschiedene Gegenstände aus dem Alltag der alten Ägypter aus chemischer Perspektive zu betrachten und mit Hilfe von Experimenten näher zu untersuchen. Experimentellen Vorerfahrungen sind nicht notwendig - so bekommen auch Kinder im Zuge des Projektes erste Eindrücke des chemischen Experimentierens. Dabei wird darauf geachtet, dass diese Versuchsreihe verschiedene Experimente unterschiedlichen Niveaus beinhaltete. Die Versuchsreihe "Chemie im alten Ägypten" besteht im Kern aus insgesamt drei Themenkomplexen: Farben, Kosmetik und Mumifizierungen im alten Ägypten. Es soll sowohl ein Bezug zum alten Ägypten als auch ein Bezug zur heutigen Zeit hergestellt werden. Den Teilnehmern wird damit einerseits gezeigt, dass viele Techniken, die im heutigen Alltag noch verwendet werden, auch damals den Ägyptern schon bekannt waren, andererseits aber auch vermittelt, mit welchen einfachen Mittel man im alten Ägypten auskommen musste. |
Durchführung der Versuchsreihe |
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![]() Bemalen ägyptischer Glücksbringer mit Ultramarin |
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Fächerübergreifender Unterricht, Vernetzung von Informationen, Handlungsorientierung und selbsttätiges Lernen sind längst nicht mehr nur Schlagwörter einer "neuen Lernkultur", sondern werden zunehmend von Lehrern und Lehrerinnen im Alltag praktiziert. Allerdings finden diese Prinzipien aufgrund des nach wie vor existierenden Fächerkanons und der fachwissenschaftlichen Ausbildung der Lehrer*innen vor allem Eingang in artverwandten Fächern, wie einerseits etwa Deutsch/Geschichte/Kunst oder andererseits Physik/Chemie/Biologie. Insofern stellt das vorgestellte fächerübergreifende Projekt, das durch Kontakt der Geschichtslehrerin mit einer Chemiedidaktikerin ermöglicht wurde, ein Novum dar. Unterstützt wurde das Projekt auch von der Kunstlehrerin und einer weiteren Chemielehrerin. Die Vermittlung von geschichtlichen Kenntnissen über eine frühe Hochkultur, eine Einführung in naturwissenschaftliche Arbeitsmethoden, das Kennenlernen einfacher chemischer Sachverhalte im historischen und aktuellen Kontext und die Förderung der Eigentätigkeit der Schüler*innen sind die Leitgedanken bei der Entwicklung der Versuchsreihe gewesen.
Durchführung eines Projekttages zum Thema: Das Projekt "Chemie im alten Ägypten" wurde in einer 5. Klasse des Romain-Rolland-Gymnasiums Berlin-Reinickendorf im Rahmen des Anfangsunterrichts Geschichte durchgeführt. Danach fand sich die Klasse in drei Groß-Gruppen zusammen, welche jeweils einen Themenkomplex an einer "Stationsinsel" bearbeiteten. Am Schluss jeder Sequenz gab es jeweils eine kleine Pause, um die Gruppen zeitlich zu synchronisieren und dann wurde die Station gewechselt, so dass jeder Schüler*innen jeden Themenkomplex behandelt hat. |
1. Station: Farben im alten Ägypten |
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![]() Bemalen von Glückskäfern mit Pigmenten aus Malachit und Lapislazuli |
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Ziele der Einheit: Die Schüler*innen sollen ...
Die Einleitung an dieser Station begann über die Fragestellung wozu man Farbe eigentlich braucht und warum man sie besitzen wollte. Außerdem wurde anhand eines Posters mit Bildern zum Thema Farben mit den Schülern überlegt, woraus man Farben damals gewinnen konnte. Die Schüler*innen fanden viele Beispiele aus der Natur wie z.B. Pflanzen- und Tiersäfte. Näher betrachtet wurden Erden und Mineralien. Als erstes Experiment sollten die Schüler*innen aus Lapislazuli- und Malachitstücken ein feines Pulver und damit Pigmente herzustellen. Dieses Zerkleinern fand unter der Verwendung eines Mörsers statt. Sobald die Schüler*innen das feine Pulver hergestellt haben, beobachteten sie, dass die Farbpulver noch weiter gesäubert werden müssten, weil weißliche Verunreinigungen deutlich zu erkennen waren. Durch das anstrengende Mörsern wurde den Schülern schnell bewusst, dass dies ein aufwändiges Herstellungsverfahren beinhaltet und die Farben deshalb damals auch (und teilweise auch noch heute) teuer waren. Anschließend malten die Schüler*innen mit ihrem Pigment und der Hilfe von Wasser auf ihr Arbeitsblatt und stellten nach dem Trocknen fest, dass die Farbe nicht gut haften bleibt. So wurde überlegt, womit man die Haftfähigkeit erhöhen könnte und die Funktion und Wirkung eines Bindemittels besprochen. Um einen Vergleich der Haftbarkeit zu machen, haben die Schüler*innen nun mit Gummi Arabicum experimentiert. Durch den vergleich auf ihrem Arbeitsbogen konnten sie sich so die Wirkungsweise eines Bindemittels verdeutlichen und anschließend protokollieren. Den Abschluss bildete das Verwenden der eigenen oder gekauften Pigmente, indem ägyptische Glücksbringer und Motive bemalt wurden. Hierzu wurden von uns extra mit Modelliermasse Scarabäen vorbereitet, die die Schüler*innen dann mit nach Hause nehmen durften. Außerdem erstellten die Schüler*innen gemeinsam einen Sternenhimmel für ihre Klasseneingangstür. |
Versuch 1: Malfähigkeit von Ocker |
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![]() Schülerinnen dokumentieren ihre Experimente |
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Vergleich der Malfähigkeit von Ocker mit und ohne Gummi Arabicum Ocker ist ein Pigment, das die Ägypter häufig benutzt haben und das auch heute noch in Afrika zum Malen verwendet wird. Es wird aus verwittertem, eisenhaltigem Gestein hergestellt. Materialien:
Durchführung: Nimm eine Spatelspitze Ocker und gib sie in die Petrischale. dann gibst du mit der Pipette ein paar Tropfen Wasser dazu und mischst beides mit einem Pinsel. Jetzt kannst du mit dem Pinsel etwas auf das Papier malen. Beobachtung:
Nimm jetzt wieder eine Spatelspitze Ocker und gib sie in die andere Petrischale. Dazu gibst du dieses Mal noch eine Spatelspitze Gummi Arabicum. Dann tropfst du mit der Pipette wieder etwas Wasser dazu und vermischst es mit dem Pinsel. Jetzt kannst du wieder etwas auf das Papier malen. Lass beide Farben trocknen und vergleiche sie miteinander! Beobachtung:
Auswertung:
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Versuch 2: Herstellung von Farbpigmenten |
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Die alten Ägypter benutzten zur Farbherstellung außer Pflanzen und Kohle auch Halbedelsteine. Um feine und gut zu verarbeitende Farbpigmente (z.B. zum Bemalen königlicher Gräber) zu erhalten, benutzten sie bereits eine Technik, die heute noch Anwendung findet. Materialien:
Durchführung: Gebe kleine Stückchen des Halbedelsteins in den Mörser. Was kannst Du beobachten?
Vergleiche dein Produkt aus Lapislazuli mit dem käuflichen Pigment Ultramarin!
Wenn du noch Zeit hast, kannst du ein weiteres Farbpigment aus Malachit herstellen.
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2. Station: Kosmetik im alten Ägypten |
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![]() Abwiegen der Materialien zur Herstellung von Ringelblumenöl |
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Ziele der Einheit: Die Schüler*innen sollen...
In diesem Teil befassten sich die Gruppen mit der Frage, welche Kosmetik es im alten Ägypten gab, welche chemischen Kenntnisse die alten Ägypter in diesem Zusammenhang besaßen und welche Art der Kosmetik sie bevorzugten. Auch die aus chemischer Sicht negativen Aspekte der Kosmetik dieser Zeit wurde den Schülern nahe gebracht (Schwermetallproblematik). Exemplarisch sollten Arnika- und Ringelblumensalbe hergestellt werden. Zur Herstellung von Salböl lernten die Schüler*innen als erstes das chemische Verfahren der Extraktion kennen und stellten aus Sonneblumenöl und getrockneten Blütenblättern Ringelblumenöl selber her. Dieser Prozess dauerte 2 Wochen und wurde dementsprechend später durch Filtrieren beendet. Der nächste Schritt, die Herstellung einer Salbe wurde mit Hilfe vorher hergestelltem Extrakten durchgeführt. Dieses Experiment umfasst ein umfangreiches Anwenden von chemische Arbeitstechniken. Als erstes lernen die Schüler*innen mit geeichten Waagen das genaue Abwiegen, anschließend das exakte Abfüllen des Ringelblumenöls mit dem Messzylinder und das Erhitzen, wobei die Temperatur mit dem Thermometer gemessen wurde. Das Experiment beinhaltete das Beobachten der Wechsel der Aggregatzustände der verwendeten Stoffe und die Verbalisierung dessen. Nach Abschluss des Experimentes wurde auf eine ausführliche Protokollierung und auf eine Beschriftung des Produktes als wichtige Bestandteile des Experimentierens geachtet. Die fertigen Produkte, Ringelblumen- und Arnikasalbe konnten stolz von den Schülern in Filmdosen nach Hause transportiert werden. |
Versuch 3: Herstellung von Ringelblumenölextrakt |
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![]() Genaues Abmessen des Ringelblumenöls zur Weiterverarbeitung |
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Wir wollen einen Extrakt aus Ringelblumenblüten herstellen, indem wir mit Hilfe des Öls Heilstoffe und Farbe herausziehen. Schon die alten Ägypter wussten von den vielen positiven Wirkungen der Ringelblume. Auch heute noch findet man in vielen Produkten der Kosmetik und in Arzneimitteln den Wirkstoff der Ringelblume. Der lateinische Name der Ringelblume ist Calendula officinalis. Materialien:
Durchführung: Die 100g Ringelblumenblüten werden in das weiße Schraubglas gegeben und das Sonnenblumenöl wird mit Hilfe eines Trichters darüber gegossen. Nun verschließt du die Flasche und lässt sie 14 Tage lang stehen. Ab und zu solltest du sie mal schütteln. Beobachtung:
Auswertung:
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Versuch 4: Herstellung von Ringelblumensalbe |
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![]() Temperaturmessung bei der Salbenherstellung |
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Die Ägypter hatten schon viele medizinische Kenntnisse und stellten unter anderem ihre Salben selber her. Diese Salbe mit Ringelblumenextrakt fördert die Wundheilung, hilft bei Quetschungen, Blutergüssen, Stich- und Risswunden, Verbrennungen, Sonnenbrand und rissigen Händen. Materialien:
Durchführung: Wiege 5g Bienenwachs auf einem Stück Papier ab.
Dann gib dazu 3-4 Tropfen Vitamin E, um die Salbe länger haltbar zu machen. Verteile anschließend die flüssige Salbe auf zwei Filmdosen. Was hat sich nach 5 Minuten an der Salbe verändert?
Auswertung:
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3. Station: Mumifizierungen im alten Ägypten |
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![]() Schülerinnen mumifizieren Früchte mit einem Salzgemisch |
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Ziele der Einheit: Die Schüler*innen sollen...
Der Einstieg in diesen dritten Teil erwies sich als chemisch sehr anspruchsvoll, da den Schülern der Begriff des Salzes nur in Form des Kochsalzes bekannt ist und so eine kleine Einführung über das Vorkommen anderer Salze stattfinden musste. Mit dieser Grundlage konnte man die Schritte der Mumifizierung aus chemischer Sicht beginnen und den Schülern wurde erklärt, dass Salze in der Pulvermischung zum Mumifizieren aus dem Grund enthalten waren, dass diese der Mumie das Wasser entziehen, indem sie sich verändern. Diese Veränderung wurde anhand eines Modellversuches mit dem Salz Cobaltchlorid durchgeführt, weil bei diesem die Wassereinlagerung durch einen Farbwechsel besser zu beobachten ist. Als nächstes wurde untersucht, woher die alten Ägypter das benötigte Salz überhaupt bekamen. Anhand eines Modellversuches wurde hier die Löslichkeit von Kochsalz in Wasser ausgenutzt und von den Schülern beobachtet. Dieses löst sich im Gegensatz zu Sand im Wasser (modellhaft herauslösen aus Gestein). Anschließend kristallisierte das Salz beim Erhitzen wieder aus, genau wie man es in den echten Wadis finden kann. Hierbei konnten die Schüler*innen beobachten, dass das gelöste Salz keinesfalls verschwunden ist, sondern noch vorhanden war. Zum Abschluss des Themas mumifizierten die Schüler*innen eigenständig einen Apfel. Zum einen mit Backpulver, dass sie aus dem Alltag kennen, zu anderen mit einem Natron-Gemisch. Diese Mumifizierungen beinhalteten auch einen Vergleich mit einer mumifizierten Apfelscheibe und einer an der Luft liegen gebliebenen Apfelscheibe. So wurde den Schülern die Rolle der Flüssigkeit und der damit verbundenen Gefahr des Verschimmelns verdeutlicht. In dieser Station wurde neben den inhaltlichen Aspekten und den experimentellen Aufgaben auf ein gutes Organisieren der durchzuführenden Experimente geachtet, da der experimentelle Teil hier deutlich aufwändiger war als bei den anderen beiden Stationen. |
Versuch 5: Modell-Mumie |
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![]() Präparieren der "Apfelmumie" |
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Die Ägypter mumifizierten Menschen, um sie möglichst lange zu erhalten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Mumifizierung, eine dieser Möglichkeiten wollen wir hier ausprobieren. Materialien:
Durchführung: Stelle ein Natron-Gemisch aus dem Kochsalz, dem Natriumcarbonat und dem Natriumhydrogencarbonat her. Fülle dann das Natron-Gemisch in die Plastiktüte. Beobachtung:
Auswertung:
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Versuch 6: Mumifizierte Früchte |
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Die Ägypter mumifizierten Menschen, um sie möglichst lange zu erhalten. Materialien:
Durchführung: Nimm den Apfel und schneide mit dem Messer zwei gleich große Scheiben ab. Eine der beiden Scheiben wälzt du in Backpulver, so dass sie ganz bedeckt ist, und die andere bleibt, wie sie ist. Lege die Scheiben jeweils auf einen kleinen Teller. Jetzt lässt du die Teller mehrere Tage stehen, du musst nur gelegentlich das Backpulver neu verteilen. Vergleiche die beiden Apfelscheiben nach etwa einer Woche! Beobachtung:
Auswertung:
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Versuch 7: Modellversuch zur Mumifizierung |
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Zu den Mumien wird zur Haltbarmachung Salz gegeben. Das Salz entzieht der Mumie das Wasser. Hier wollen wir untersuchen, was mit dem Salz dabei selber geschieht. Da man dieses bei dem Natrongemisch nicht so gut beobachten kann, benutzen wir ein anderes Salz, Cobaltchlorid. Materialien:
Durchführung: Nimm eine Spatelspitze vom Cobaltchlorid und gib sie in das Becherglas. bann erhitze das Becherglas auf der Heizplatte.
Jetzt nimm das Becherglas von der Heizplatte und gib ein paar Tropfen Wasser dazu.
Nun erhitze das Cobaltchlorid nochmal.
Auswertung:
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Versuch 8: Modellversuch Wadi Natrun |
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![]() Schülerinnen beobachten die Vorgänge beim "Modellwadi" |
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Wadis nennt man trockene Täler in Ägypten, die nur nach starkem Regen Wasser führen und so zu Füssen werden. In diesen Tälern hat man die Salze gefunden, die zu den Mumien gegeben wurden. Materialien:
Durchführung: Fülle 10g Kochsalz und 15g Sand in das Becherglas und gebe 15ml Wasser dazu. Beobachtung:
Auswertung:
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