Gastvortrag von Prinz Kum'a Ndumbe III. aus Kamerun am Institut
30. März 2007
Internationale Woche gegen Rassismus 2007
Die Brücken zum Anderen beschreiten Wie können Menschen ihre "Angst vor dem Fremden" überwinden und das Neue als Bereicherung empfinden? Prinz Kum'a Ndumbe III. machte den Schülern am Institut Dr. Flad Lust, das Unbekannte zu entdecken. Man weiß nicht, was sich einzelne Schüler im Vorfeld von diesem Prinzen mit dem fremden Namen erwartet haben, doch es ist anzunehmen, dass sie sich ihn auf jeden Fall ein wenig anders vorgestellt haben. Als Schwarzer und als Kameruner ist er für viele zunächst "Afrikaner". Aber was ist ein Afrikaner, und vor allem: "Was ist Afrika?" Ein wenig Geografie-Unterricht gab es von Prinz Kum'a Ndumbe deshalb auch: Nordafrika ist nicht Südafrika, neben dem armen Afrika liegt das reiche Afrika, und überhaupt ist Afrika nichts anderes als: die Wiege aller menschlicher Kultur. Afrika rein als "Entwicklungsland" zu sehen, ist deshalb für Prinz Kum'a Ndumbe eine Blickverengung. "Zu wenigen ist klar, dass der Afrikaner ihnen auch was bringen kann". Und so machte Prinz Kum'a Ndumbe nichts anderes als "Entwicklungshilfe - einmal anders herum". Mit Lesungen und Streifzügen rund um den Globus. Die Münchner, in deren Stadt er in den 60-igern zur Schule ging, waren auf sein Geburtsland immer gut zu sprechen, erinnert er sich: "Ach, Kamerun, unsere alte deutsche Kolonie!" Wie sich die Deutschen in "ihrer" Kolonie verhalten haben, hat er in ein paar Anekdoten festgehalten: Der damalige Bezirksamtmann Röhm redeten mit den Kamerunern als "Unterentwickelte" nur von "oben herab" - kurioserweise hatte sein kamerunischer Gesprächspartner Deutsches Recht in Bonn studiert, und Röhm es nicht einmal zum Abitur gebracht. Aber im Repertoire von Prinz Kum'a Ndumbe finden sich nicht nur Geschichten zum Schmunzeln, sondern auch von Skinheads, die seinen Freund zu Tode trampeln. Ob es denn immer noch in Deutschland Rassismus gegen Schwarze oder ihn persönlich gebe, wird er von einem Schüler gefragt. Und Prinz Kum'a Ndumbe empfiehlt ihm, doch einfach mal öfter Zeitung zu lesen. Wer Rassismus bisher vorwiegend für ein "deutsches" Phänomen gehalten hat, traut seinen Ohren kaum, als Prinz Kum'a Ndumbe vom Völkermord in Ruanda erzählt. Die Angst vor dem Fremden ist ein globales, ja ein menschliches Problem. Es geht darum, Menschen zu helfen, sich zu öffnen und ihr Gleichgewicht zu finden. Deshalb ist es so wichtig, über den Tellerrand der eigenen Kultur hinaus zu blicken und viele Dinge aus dem "Blickwinkel des Anderen" zu sehen. Deshalb erzählt er, wie viele seiner Landsleute "die Weißen" sehen. Der "Weiße" ist prinzipiell reich und intelligent. Dass es auch Weiße gibt, die wenig Geld besitzen (zum Beispiel Austausch-Studenten), ist etwas, das manche Afrikaner oft nur schwer verstehen. Das führt im Saal zu einiger Belustigung, aber auch zu einer Blickverschiebung. Die Vorurteile im Anderen zu sehen, hilft, die eigenen besser zu erkennen. Doch welche Wege gibt es, die Angst, die Vorurteile und den Hass zu überwinden? Prinz Kum'a Ndumbe bringt zum einen im Sinne von Nelson Mandela die Macht der Versöhnung ins Spiel. Sie ist die Kraft, die in der Lage ist, Konflikte zu beenden. Zum anderen aber ist es das ganz einfache "Sich-Öffnen" - der berühmte Blick über den Tellerrand. Prinz Kum'a Ndumbe ist ins Institut gekommen, um Türen zu öffnen und Brücken zu bauen. Aber "es muss auch Menschen geben, die bereit sind, über die Brücken zu gehen". Und so nahm der Tag für viele eine andere Wendung, hin zu einem Aufbruch, auch einem Aufbruch zu sich selbst. Nicht zuletzt für den Prinzen persönlich, für den der Aufbruch in das fremde Stuttgart zu einer Art Heimkehr wurde. Denn Wolfgang Flad zeigte ihm einen besonderen Ring: Jenen Ring, den der Großvater von Prinz Kum'a Ndumbe an Friedrich Flad (1866 - 1891), seinerzeit einer von zwei Reichslehrern in Kamerun, geschenkt hatte. "Ich danke euch, mich an den Ursprung meines Selbst geführt zu haben", sagte Prinz Kum'a Ndumbe zu seinem Auditorium. Selbiges können die über 200 Schüler nur an ihn zurückgeben. Mehr unter www.africavenir.com. Christian Born |
Prinz Kum'a Ndumbe III. aus Kamerun zu Gast im Institut
"Ich schreibe nicht, um Schuldgefühle zu wecken. Ich schreibe nicht, um mich als Opfer darzustellen. Ich rede von den Meinen, den Stimmlosen und Entrechteten." Eine kleine Kostprobe aus seinen politischen und literarischen Werken stand kurz vor Beginn der Osterferien auf dem Programm des Instituts. Im Anschluss ließ der Prinz die Schüler an seinen Erfahrungen in und mit Deutschland teilhaben. "Aufenthaltsgenehmigung" lautet ein Kapitel seines Erzählbandes "Ich klopfte an deiner Tür...". Darin thematisiert er die typisch deutsche Bürokratie und die permanente Angst des Afrikaners, evtl. ausreisen zu müssen. Auch die Ermordung einer seiner Freunde durch Dresdner Rechtsradikale im Jahr 1993 wird nicht verschwiegen. Abschließend rief der Prinz dazu auf, die Angst vor dem Fremden zu überwinden und sich auf Neues einzulassen, denn dies bedeute Bereicherung und biete die Möglichkeit, Brücken zu bauen. Kum'a Ndumbe selbst ist dies eindrucksvoll gelungen. Die Reaktionen der Schüler haben dies gezeigt. Nach einer lebhaft geführten Diskussion nahmen viele die Gelegenheit wahr, sich die gekauften Bücher signieren zu lassen. Über Rückmeldungen/Anfragen per E-Mail würde sich der Prinz freuen: eric@africavenir.org Angela Schmitt-Bucher |
Gastvortrag von Prinz Kum'a Ndumbe III am 30. März 2007 Es ist ein Freitagmorgen, kein gewöhnlicher, alle Schüler und Schülerinnen des Instituts Dr. Flad erwarten heute einen Prinzen aus Kamerun. Man sagte uns, Prinz Kum'a Ndumbe III. aus Kamerun würde heute zu uns kommen und uns aus seinen zahlreichen Büchern etwas vorlesen. Unsere Erwartungen waren sehr hoch, immerhin trägt dieser Mann den Titel Prinz. Viele von uns können gar nicht glauben, dass ein Prinz ins Institut kommen würde, viele erwarteten einen Mann voller Reichtum und Macht. Prinz Kum'a Ndumbe war mit 15 Jahren nach Deutschland gekommen, studierte in Frankreich Geschichte, Politik und Deutsch und machte anschließend in Berlin seine Professur. Er gilt bis heute als Brückenbauer zwischen Kulturen, ist Wissenschaftler, Schriftsteller und wurde mehrmals für seine Erfolge ausgezeichnet. Es ist so weit, Prinz Kum'a Ndumbe tritt in den Hörsaal. Alle Augen sind auf ihn gerichtet, was wir sehen ist ein schwarzer Mann aus Afrika, ein Mann, der uns offen entgegentritt mit strahlenden Augen im Gesicht, die seine Freude zum Ausdruck bringen. Kum'a Ndumbe erzählt anfangs etwas von sich, wieso er heute hier ist und zeigt uns einen Ring, den er an seinem kleinen Finger trägt. Dieser Ring sei ein Geschenk von seinem Großvater an den Großonkel unseres Institutsleiters gewesen für dessen Verdienste um das kamerunsche Schulwesen im 19. Jahrhundert. Damit ist eine zusätzliche völlig unerwartete Verbindung zwischen unserem heutigen Gast und dem Institut geschlagen. Mit großem Stolz wiederholt er alles noch einmal, nur diesmal in seiner Muttersprache, auf Duala. Alle im Hörsaal zeigen ihm nun ihre volle Aufmerksamkeit; manche von uns bekommen sogar Gänsehaut und andere sind total begeistert von der Energie und dem Ausdruck, den er vermittelt. Er liest uns aus seinem Buch "Ich klopfte an deine Tür" eine Kurzgeschichte, einen Brief, der an seinen Sohn gerichtet war und über das Leben erzählt. Anschließend eine Kurzgeschichte, die uns alle mitgerissen hat, sie handelte von der Mauer am Alexanderplatz, wo er selbst Opfer von Rechtsradikalen wurde. Er selbst konnte diese Art von Umgang nicht verstehen, immerhin war er ein gebildeter Mann, hatte Freunde in Deutschland und kam mit der selben Freude zu diesem Ort, um den Zerfall der Mauer zu sehen wie jeder andere Weiße. Er liest auch aus seinem selbst geschriebenen Theaterstück "Ach Kamerun" vor. In diesem Stück versucht er uns zu erklären, wie es wirklich aussieht, wenn Weiße in Afrika über Kolonien, wie damals in Kamerun, die Macht übernehmen und alle Afrikaner als nichtsnutzige, dumme Menschen angesehen werden. Obwohl er versucht, das Stück theatralisch darzustellen, kann man an seinem Ausdruck seine Enttäuschung erkennen. Eine der Kurzgeschichten geht uns allen unter die Haut, manche von uns hatten sogar Tränen in den Augen. Diese handelt von dem Völkermord zwischen Tutsis und Hutus. Kum`a Ndumbe will uns zeigen wie die Realität wirklich aussieht und wozu Menschen im Stande sind, wenn sie auf die falschen Personen hören (indem Fall die Politiker). Im Anschluss gibt es noch ein paar Fragen von den Schülern, die er uns mit großer Freude beantwortet und er erklärt uns noch einmal, wieso er heute da ist. Sein Ziel heute ist es, uns junge Menschen anzutreiben das Unbekannte zu entdecken, eine Brücke zwischen verschiedenen Völkern, Kulturen und Menschen verschiedener Hautfarbe zu bauen. Er möchte uns sagen, dass wir einander vertrauen und lieben sollen, denn durch Hass entstehen Kriege. Ich glaube die meisten von uns, wenn nicht sogar alle, haben seine Botschaft verstanden. Einige sogar so sehr, dass sie sich entschlossen, einen Auslandsaufenthalt in Afrika zu machen. Prinz Kum'a Ndumbe ist gekommen und gegangen. Für uns kein Prinz mehr wie der, der in unserer Phantasie existiert. Nein. Nur noch ein Kämpfer, der für eine bessere Welt und ein besseres Morgen kämpft. Ein Mann der unseren Respekt vielfach verdient hat, ein Mann der uns für immer in Erinnerung bleiben wird. Danke Prinz Kum'a Ndumbe! Theodora Kranidou, LG 56 |